- Startseite ›
- Forschung ›
- Rudolf Steiner ›
- Zitate ›
- ›
- Verkehr in Nachrichten, Menschen und Waren dreigliedern
Verkehr in Nachrichten, Menschen und Waren dreigliedern
Quelle: GA 337a, S. 218-219, 1. Ausgabe 1999, 16.06.1920, Stuttgart
Man muß ja schon fast so sein wie der Herr Stadtpfarrer Planck, wenn man denkt: sozialer Organismus, Dreigliederung - das sind drei Dreiecke nebeneinander, und von dem einen geht ins andere nichts hinein. Nein, der dreigegliederte soziale Organismus ist wirklich ein Organismus, und eines spielt immer in das andere hinein, so daß in jedem der drei Glieder wieder etwas ist von den anderen beiden. Im menschlichen Organismus ist es ja auch so: Im Kopfe wirkt nicht nur das Nerven-Sinnes-System, sondern da drinnen geschieht auch Rhythmus und Verdauung. So spielt in das Wirtschaftsleben auch das Staatsleben hinein, es hat nur sein eigenes Zentrum der Verwaltung, und so spielt in das Wirtschaftsleben auch das Geistige hinein, eben beim Übergang der Produktionsmittel von einem zum anderen.
Aber noch in viel alltäglicheren Dingen sehen wir dieses Ineinanderspielen. Nehmen wir zum Beispiel einen Tatbestand des öffentlichen Lebens, wo dreierlei ineinanderfließt zu einem: das ist der Verkehr. Der Verkehr hängt ja auf der einen Seite dadurch, daß er die Straße braucht, mit Grund und Boden zusammen. Aber man sieht, weil der Verkehrsboden, Straßen und so weiter nicht Privatbesitz sein kann, auch nicht Ware sein kann, daß man da heraus muß aus der Ware, daß also wenigstens dieser Teil von Grund und Boden nicht als Ware betrachtet werden kann. Aber mit dem Verkehrswesen hängt auch unsere ganze Kultur zusammen. Eigentlich steht der ganze Verkehr unter drei Gesichtspunkten. [Wir können fragen:] Was unterliegt dem Verkehr? Erstens Güter, Waren; zweitens Menschen; drittens Nachrichten. In irgendeiner der drei Kategorien können Sie alles unterbringen, was dem Verkehr unterliegt: Nachrichten, Menschen, Waren. Sehen Sie, dadurch daß im Verkehr Waren drinnenstehen, muß dasjenige, was sich auf den Warenverkehr bezieht, nach Verträgen, nach den Impulsen des Wirtschaftslebens geregelt sein. Dasjenige, was sich auf Menschen bezieht, ist aus dem Staatsleben heraus geregelt, das sind die Rechtsverhältnisse. Auch der Verkehr der Menschen muß nach Rechtsverhältnissen geregelt sein. Die Nachrichten unterliegen dem geistigen Leben; sie sind das geistige Leben im Verkehr. Und Sie werden schon finden, wie von den drei Seiten her das eigentlich dreigegliederte Verkehrswesen verwaltet werden muß - etwas, was die alten Einrichtungen nicht zustandegebracht haben. Rechnen Sie sich aus, was für ein Unding es ist, daß noch immer bei uns in derselben Weise durch dieselbe Institution Güter und Nachrichten besorgt werden, die Postpakete und die Nachrichten ausgetragen werden, was durchaus nicht zusammengehört und wozu auch keine Notwendigkeit vorliegt in den äußeren Einrichtungen. Aber die alten Staatseinrichtungen konnten es nicht dahin bringen, die Paketfahrt zu trennen vom Nachrichtendienst, so daß das eine das andere stört. Sehen Sie in das Posttarifwesen hinein, so werden Sie sehen, was für eine Unwirtschaftlichkeit darin liegt, daß die Post sowohl für Nachrichten- wie für Güterverkehr dient.
Gerade da, wo das Leben anfangen muß, praktisch zu werden, gerade da, wo das Leben heute uns zu eng geworden ist, weil es nicht mehr praktisch ist - an allen Ecken und Enden sitzt die Unpraxis -, da ist die Dreigliederung dazu berufen, wiederum das Praktische herzustellen. Nur eines gehört eben zu dieser Dreigliederung: ein wenig Mut. Wer sich allerdings nicht getraut, die Postpakete wegzunehmen dem Nachrichtendienst der Post und sie zu übergeben dem gewöhnlichen Eisenbahnverkehr, wer da immer seine Bedenken einwendet und nicht real nachrechnet, was das eine oder andere bedeutet, der wird die Dreigliederung ewig nicht verstehen. Denn die Dreigliederung beruht eben gerade nicht auf dem Festhalten an alten Einrichtungen, nicht auf dem Festhalten an Ideen von alten Menschenvignetten, von alten Staatsvignetten und so weiter, sondern es beruht diese Idee der Dreigliederung eben auf der Betrachtung der wirklichen Verhältnisse.
