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Geld wird durch Unverkäuflichkeit des Bodens altern
Quelle: GA 332, S. 210-211, 2. Ausgabe 1979, 30.10.1919
Es hat sogar Menschen gegeben, die haben Testamente gemacht, daß sie irgendeiner Stadt das oder jenes vermacht haben. Dann haben sie ausgerechnet, wieviel das nach ein paar Jahrhunderten ist. Das sind so große Summen, daß man dann damit die Staatsschulden eines sehr stark verschuldeten Staates zahlen könnte. Aber der Witz ist nur der, daß es dann nicht mehr da ist, weil es unmöglich ist, über so lange Zeiten das Geld in der Verzinsung zu erhalten. Dafür aber ist die regelrechte Verzinsung für kürzere Zeit aufrechtzuerhalten. Aber wenn im volkswirtschaftlichen Prozeß das einträte, daß tatsächlich Produktionsmittel nichts mehr kosten, wenn sie da sind, Grund und Boden tatsächlich Rechtsobjekte werden - nicht ein Kaufobjekt, nicht ein WirtschaftsZirkulationsobjekt -, dann tritt für das Geldvermögen ein, daß es, ich habe es öfter ausgedrückt, nach einer bestimmten Zeit anfängt einen üblen Geruch zu haben, wie Speisen, die verdorben sind und einen üblen Geruch haben, nicht mehr brauchbar sind. Einfach durch den wirtschaftlichen Prozeß selber stellt es sich heraus, daß Geld seinen Wert verliert nach einem bestimmten Zeitraume, der durchaus nicht etwa ungerecht kurz ist; aber es ist eben so.
Dadurch sehen Sie, wie sehr dieser Impuls für den dreigliederigen sozialen Organismus aus den Realitäten heraus gedacht ist. Wenn Sie Gesetze geben, so geben Sie Abstraktionen, durch die Sie die Wirklichkeit beherrschen wollen. Denken Sie über die Wirklichkeit, so wollen Sie die Wirklichkeit so gestalten, daß sich die Dinge so ergeben, wie sie dem tieferen Bewußtsein des Menschen entsprechen.
Ebenso ist in einem solchen Organismus, wie ich ihn denke, durchaus nicht das arbeitslose Einkommen als solches enthalten. Nur muß man über diese Dinge auch klare Begriffe haben. Was ist denn schließlich ein arbeitsloses Einkommen? In diesem Begriff « arbeitsloses Einkommen » steckt ja sehr, sehr viel von Unklarheiten drinnen, und mit unklaren Begriffen kann man wahrhaftig keine Reformen durchführen. Sehen Sie, für denjenigen, der « Arbeit » bloß Holzhacken nennt, für den ist ganz sicher ein arbeitsloses Einkommen dasjenige, was jemand für ein Bild erhält, das er malt, und dergleichen. Es ist nur etwas radikal ausgesprochen, aber so wird oftmals das sogenannte « arbeitslose Einkommen » durchaus beurteilt.
Es setzt sich das, was wirtschaftliche Werte begründet, eben aus verschiedenen Faktoren im Leben zusammen. Es setzt sich zusammen erstens aus den Fähigkeiten der Menschen, zweitens aus der Arbeit, drittens aber auch aus Konstellationen, und es ist einer der grôßten Irrtümer, wenn man gar definiert hat, daß irgendein Gut, das in der wirtschaftlichen Zirkulation ist, nur « kristallisierte Arbeit » sei. Das ist es durchaus nicht. Über Arbeit habe ich mich ja in diesen Vorträgen ausgesprochen.
Es kommt also darauf an, daß man überhaupt den Begriff der Arbeit nicht in irgendeiner Weise zusammenbringt, wie er heute vielfach zusammengebracht wird, mit dem Begriff des Einkommens. Sein Einkommen bekommt ja ein Mensch wahrhaftig nicht bloß dafür, daß er ißt und trinkt oder sonst irgendwelche leiblichen oder seelischen Bedürfnisse befriedigt, sondern auch dafür, daß er für andere Menschen arbeitet. Also es ist der wirtschaftliche Prozeß ein viel zu komplizierter, als daß man ihn mit so einfachen Begriffen sollte umfassen wollen.