Gerechte Preise sind nur durch Unverkäuflichkeit des Bodens möglich

Quelle: GA 332, S. 166-168, 2. Ausgabe 1977, 29.10.1919

Heute ist man sich noch durchaus klar darüber, daß Produktionsmittel, daß Grund und Boden Dinge des Wirtschaftslebens sind. Der Impuls der Dreigliederung des sozialen Organismus verlangt, daß im Wirtschaftsleben nur verwaltet werden die gegenseitigen Werte, an die angenähert werden sollen die Preise, so daß bloß die Preisbestimmung dasjenige ist, was eigentlich zuletzt aus der Wirtschaftsverwaltung herauskommt.

Diese Preisbestimmung aber zu einer gerechten zu machen, ist unmöglich, wenn im Wirtschaftsleben drinnen wirkt das Produktionsmittel als solches und der Grund und Boden als solcher. Die Verfügung über Grund und Boden, was sich heute im Eigentumsrecht von Grund und Boden konzentriert, und die Verfügung über die fertigen Produktionsmittel können keine wirtschaftliche Angelegenheit sein, sondern die sollen zum Teil eine geistige, zum Teil eine rechtliche Angelegenheit sein. Das heißt, die Überleitung von Grund und Boden von einer Person oder Personengruppe auf eine andere soll nicht durch Kauf oder Erbschaft, sondern durch eine Übertragung auf dem Rechtsboden beziehungsweise aus den Prinzipien des geistigen Lebens heraus erfolgen. Das Produktionsmittel, also dasjenige, wodurch in der Industrie oder dergleichen produziert wird, das vorzugsweise der Kapitalbildung zugrunde liegt, kann nur solange etwas kosten, bis es fertig ist. Ist es fertig, dann verwaltet es derjenige, der es zustande gebracht hat, weil er es am besten versteht, so lange als er selbst mit seinen Fähigkeiten bei dieser Verwaltung dabei sein kann. Aber es ist ferner nicht ein Gut, das verkauft werden kann, sondern das nur durch Rechts- beziehungsweise durch geistige Bestimmung, die durch das Recht realisiert wird, von einer Person oder Personengruppe auf eine andere Person oder Personengruppe übertragen werden kann.

So wird dasjenige, was heute zu Unrecht im Wirtschaftsleben drinnensteht, das Eigentumsverfügungsrecht, das Grund- und Bodenverfügungsrecht, das Verfügungsrecht über die Produktionsmittel, gestellt auf den selbständigen Rechtsboden unter Mitwirkung des selbständigen Geistesbodens.

Fremd mögen den heutigen Menschen noch diese Ideen anmuten. Aber das ist ja gerade das Traurige, das Bittere, daß sie den gegenwärtigen Menschen fremd anmuten. Denn erst dadurch, daß diese Dinge wirklich einziehen in die Menschengeister, in die Menschenseelen und auch in die Menschenherzen, so daß sich die Menschen sozial im Leben nach ihnen verhalten, erst dadurch kann dasjenige kommen, was so viele Menschen auf ganz andere Art herbeiführen wollen, aber niemals werden herbeiführen können. Das ist es, was man endlich einsehen sollte: daß manches, was heute noch paradox erscheint, einem wirklich gesundenden sozialen Leben als etwas Selbstverständliches erscheinen wird.

Nicht aus den Leidenschaften, aus den Antrieben und Emotionen heraus, aus denen heute oftmals soziale Forderungen gestellt werden, stellt der Impuls für die Dreigliederung des sozialen Organismus seine sozialen Forderungen. Er stellt sie aus einem Studium der wirklichen Entwickelung der Menschheit in der neueren Zeit und bis in die Gegenwart herein.