Kapitalisten schauen nur auf Arbeitszeit, Demokratie auch auf Arbeitsruhe

Quelle: GA 330, S. 092-093, 2. Ausgabe 1983, 25.04.1919, Stuttgart

Alle Tendenzen, alle Ziele des Wirtschaftslebens gehen darauf hin, Ware zu verbrauchen. Darum, daß in gesunder Weise die Ware verbraucht werde, darum handelt es sich. Was nicht aufgebraucht werden kann, das wird in ungesunder Weise produziert. In irgendeiner Weise muß die Ware verbraucht werden können. Wird aber durch die kapitalistische Wirtschaftsordnung Menschenkraft, menschliche Arbeitskraft zur Ware gemacht, so geht derjenige, der sie zur Ware macht, nur darauf aus, sie zu verbrauchen. Menschliche Arbeitskraft darf aber nicht bloß verbraucht werden, daher brauchen wir eine Wirtschaftsordnung, daher brauchen wir vor allen Dingen eine solche Sozialisierung, welche nicht nur die Arbeitszeit bestimmt, sondern welche vor allen Dingen bestimmt auch die Zeit der Arbeitsruhe, denn diese muß da sein, wenn ein gemeinschaftliches soziales Leben da sein soll. Das ist das, was zeigt, daß eine Gesundung erst eintreten kann, wenn die leitenden Kreise der Gesellschaft, die dann berechtigt-leitenden Kreise der Gesellschaft ein ebenso großes Interesse daran haben, daß der Arbeiter seine Ruhezeit hat, wie die heutigen Kapitalisten ein Interesse daran haben, daß der Arbeiter seine Arbeitszeit hat.

Deshalb sage ich Ihnen: Niemals kann verglichen werden menschliche Arbeitskraft nach dem Preise mit irgendeiner Ware. Daher ist das Kaufen der menschlichen Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkte - Sie verstehen, was das heißt - eine große soziale Lebenslüge, die ausgemerzt werden muß. Wie kommen wir dazu, die menschliche Arbeitskraft des Charakters der Ware zu entkleiden? Das ist eine große soziale Frage.