Dreigliederung muss wie Einmaleins kommen

Quelle: GA 329, S. 140-141, 0. Ausgabe xml, 02.04.1919, Basel

Wir haben eines, wovon jeder Mensch weiß, daß es nur im sozialen Leben möglich ist - die heutigen Egoisten möchten wahrscheinlich auch das für sich haben -, das ist für einen geschlossenen Organismus die Sprache. Immer wiederum wird in den Schulen gepredigt: Wäre der Mensch auf einer einsamen Insel, einsam aufgewachsen, so würde er nicht sprechen können; denn Sprechen kann sich nur im sozialen Leben ausbilden. Man muß erkennen [...], daß alle die [] Dinge, die sich verbergen hinter Privatkapital, Besitz, die sich verbergen hinter der Herrschaft über irgendeine Arbeit und dergleichen, daß alle diese Dinge, auch die menschlichen Talente, die individuellen Begabungen, genau so wie die Sprache, soziale Funktionen haben, daß sie ins soziale Leben hineingehören und nur innerhalb desselben möglich sind. Es muß eine Zeit kommen, wo das in den Schulen den Menschen schon klar wird, was sie durch den sozialen Organismus sind, und was sie daher verpflichtet sind, dem sozialen Organismus wiederum zurückzugeben. Worauf ich also zähle, das ist: soziales Verständnis, welches kommen muß, wie heute von den Schulen das Einmaleins kommt. Darinnen wird man auch noch umlernen müssen. Es gab Zeiten, in denen man in den Schulen etwas ganz anderes gelernt hat als heute; man denke nur an die römischen Schulen. Es werden Zeiten kommen, wo man gerade das in den Schulen den Kindern schon beibringen wird, was soziales Verständnis ist. Weil dieses versäumt worden ist unter dem Einfluß der neueren Technik und des Kapitalismus, deshalb sind wir in die heutigen Zustände, in die krankhaften Zustände des sozialen Organismus hineingekommen.