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Berechtigung zum leitungslosen Einkommen wird demokratisch bestimmt
Quelle: GA 023, S. 127-129, 6. Ausgabe 1976, 24.03.1919, Stuttgart
Aber nur in dem hier gemeinten sozialen Organismus wird die Verwaltung des Rechtes das notwendige Verständnis finden für eine gerechte Güterverteilung. Ein Wirtschaftsorganismus, der nicht aus den Bedürfnissen der einzelnen Produktionszweige die Arbeit der Menschen in Anspruch nimmt, sondern der mit dem zu wirtschaften hat, was ihm das Recht möglich macht, wird den Wert der Güter nach dem bestimmen, was ihm die Menschen leisten. Er wird nicht die Menschen leisten lassen, was durch den unabhängig von Menschenwohlfahrt und Menschenwürde zustande gekommenen Güterwert bestimmt ist. Ein solcher Organismus wird Rechte sehen, die aus rein menschlichen Verhältnissen sich ergeben. Kinder werden das Recht auf Erziehung haben; der Familienvater wird als Arbeiter ein höheres Einkommen haben können als der Einzelnstehende. Das « Mehr » wird ihm zufließen durch Einrichtungen, die durch Übereinkommen aller drei sozialen Organisationen begründet werden. Solche Einrichtungen können dem Rechte auf Erziehung dadurch entsprechen, daß nach den allgemeinen Wirtschaftsverhältnissen die Verwaltung der wirtschaftlichen Organisation die mögliche Höhe des Erziehungseinkommens bemißt und der Rechtsstaat die Rechte des einzelnen festsetzt nach den Gutachten der geistigen Organisation. [...]
Wie Kindern das Recht auf Erziehung, so steht Altgewordenen, Invaliden, Witwen, Kranken das Recht auf einen Lebensunterhalt zu, zu dem die Kapitalgrundlage in einer ähnlichen Art dem Kreislauf des sozialen Organismus zufließen muß wie der gekennzeichnete Kapitalbeitrag für die Erziehung der noch nicht selbst Leistungsfähigen. Das Wesentliche bei all diesem ist, daß die Feststellung desjenigen, was ein nicht selbst Verdienender als Einkommen bezieht, nicht aus dem Wirtschaftsleben sich ergeben soll, sondern daß umgekehrt das Wirtschaftsleben abhängig wird von dem, was in dieser Beziehung aus dem Rechtsbewußtsein sich ergibt. Die in einem Wirtschaftsorganismus Arbeitenden werden von dem durch ihre Arbeit Geleisteten um so weniger haben, je mehr für die nicht Verdienenden abfließen muß. Aber das « Weniger » wird von allen am sozialen Organismus Beteiligten gleichmäßig getragen, wenn die hier gemeinten sozialen Impulse ihre Verwirklichung finden werden. Durch den vom Wirtschaftsleben abgesonderten Rechtsstaat wird, was eine allgemeine Angelegenheit der Menschheit ist, Erziehung und Unterhalt nicht Arbeitsfähiger, auch wirklich zu einer solchen Angelegenheit gemacht, denn im Gebiete der Rechtsorganisation wirkt dasjenige, worinnen alle mündig gewordenen Menschen mitzusprechen haben.
Ein sozialer Organismus, welcher der hier gekennzeichneten Vorstellungsart entspricht, wird die Mehrleistung, die ein Mensch auf Grund seiner individuellen Fähigkeiten vollbringt, ebenso in die Allgemeinheit überführen, wie er für die Minderleistung der weniger Befähigten den berechtigten Unterhalt aus dieser Allgemeinheit entnehmen wird. « Mehrwert » wird nicht geschaffen werden für den unberechtigten Genuß des einzelnen, sondern zur Erhöhung dessen, was dem sozialen Organismus seelische oder materielle Güter zuführen kann; und zur Pflege desjenigen, was innerhalb dieses Organismus aus dessen Schoß heraus entsteht, ohne daß es ihm unmittelbar dienen kann.