Einschlag der Zeitgeister durch bedarfsorientiertes Wirtschaftsleben

Quelle: GA 190, S. 054-056, 2. Ausgabe 1971, 23.03.1919, Dornach

Und die Zeitgeister werden zu Trägern, zu Verwaltern des wirtschaftlichen Kreislaufes der Menschen, die werden immer mehr und mehr im wirtschaftlichen Leben walten, wenn dieses wirtschaftliche Leben wirklich organisiert sein wird. Ein assoziatives Leben wird es werden. Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts hat sich der Hang der Menschen herausgebildet, immer bloß auf die Gütererzeugung zu sehen, auf die Güteranhäufung, auf das Profitieren. Eine Umkehr wird notwendig. In der zukünftigen Zeit, wenn der Wirtschaftskreislauf auf sich selbst gestellt sein wird, wird es viel mehr auf die Güterverteilung unter den Menschen und auf den Güterkonsum ankommen. Assoziationen werden sich bilden, welche nach dem Konsum wiederum die Produktion regeln werden. Wenn man heute noch einen spärlichen Anfang macht mit einer solchen Sache, so wird sie wenig verstanden oder durch andere Impulse heute noch beeinträchtigt.

Denken Sie doch, wie wir vor einiger Zeit versucht haben, Brot unter die Leute dadurch zu bringen, daß nicht in einer blinden Weise von einer Stelle aus produziert wurde und das dann auf den Markt gebracht wurde, sondern daß wir Konsumenten, die sich rekrutieren sollten aus der Anthroposophischen Gesellschaft, baten, das Brot abzunehmen. Das wäre eine Konsumgenossenschaft gewesen, die auf diese Weise von einer bestimmten Stelle aus versorgt worden wäre. Da wäre an einem Punkte überwunden worden das abstrakte Prinzip von Angebot und Nachfrage. Da wäre auf einem anderen Wege, wie es immer mehr kommen muß, das Prinzip durchgeführt worden, daß produziert wird in dem Maße, als konsumiert werden kann. Dies ist das einzige gesunde Prinzip der Volkswirtschaft. Aber wie gesagt, heute sind solche Dinge noch schwer im Kleinen durchzuführen. Aber angestrebt werden muß das gerade im Wirtschaftsleben. Die Sozialdemokratie spricht das aus mit den Worten: Bisher ist produziert worden, um zu profitieren; künftig muß produziert werden, um zu konsumieren. So aber, wie die Sozialdemokratie dieses Prinzip verwirklichen will, so würde es zu einer Lähmung des wirklichen sozialen Organismus führen. Das Prinzip ist berechtigt, aber es wird heute noch nicht in dem Sinne gedacht, wie es zum Heile des sozialen Organismus verwirklicht werden kann.

So scheint heraus aus demjenigen, was uns, ich möchte sagen, von der Zukunft entgegenströmt: erstens die Notwendigkeit des selbständigen Geisteslebens, durch das sich die Angeloi intimer machen mit den Menschen; zweitens das selbständige Staatsleben, durch das sich die Archangeloi intimer machen mit den Menschen; drittens das selbständige Wirtschaftsleben, durch das sich die Archai intimer machen mit den Menschen. So rücken die Entwickelungskräfte der Menschheit heran. Am schnellsten muß das selbständige Geistesleben vorwärtskommen, denn das muß, wenn die Menschheit nicht einem großen Unheil entgegengehen soll, fertig, das heißt selbständig sein am Ende des fünften nachatlantischen Zeitraums. Am Ende des sechsten nachatlantischen Zeitraums muß fertig, selbständig sein eine neue spirituelle Theokratie, und am Ende des siebenten nachatlantischen Zeitraums muß vollständig ausgebildet sein ein wirkliches soziales Gemeinwesen, in dem der einzelne sich unglücklich fühlen würde, wenn nicht alle ganz gleich glücklich wären wie er, wenn der einzelne sein Glück erkaufen müßte mit Entbehrungen von anderen.