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Sprache greift tiefer ein als Ich
Quelle: GA 121, S. 040-044, 5. Ausgabe 1982, 08.06.1910, Oslo (Kristiania)
Das hellseherische Bewußtsein findet, wenn es die Völker studiert, merkwürdigerweise geheimnisvolle Wesenheiten außer den bereits charakterisierten Erzengelwesen, die in gewisser Beziehung den Erzengeln verwandt, aber, doch wieder in anderer Beziehung vollständig von ihnen verschieden sind, vor allen Dingen dadurch, daß sie viel größere Kräfte anzuwenden vermögen als die Volksgeister selber. Der Volksgeist wirkt in einer außerordentlich feinen und intimen Weise auf die einzelne menschliche Seele in diesem Hineinweben in die Temperamente. Aber in einer viel stärkeren, kraftvolleren Weise wirken da noch andere Wesenheiten hinein. Diese anderen Wesenheiten müssen wir uns einmal aus unserer allgemeinen Kenntnis der Hierarchien klar machen. Da werden wir sozusagen den Namen finden für diese anderen Wesenheiten, die das hellseherische Bewußtsein beobachtet. Stellen Sie sich einmal vor die Hierarchien der Geister in folgender Weise:
1. Menschen,
2. Engel,
3. Erzengel,
4. Urbeginne oder Geister der Persönlichkeit,
5. Gewalten oder Geister der Form.
Sodann würden wir weiter zu anderen kommen, die wir aber heute nicht weiter in Betracht ziehen wollen. Wenn Sie sich nun an dasjenige erinnern, wovon wir gestern gesprochen haben - und was Sie auch genau auseinandergesetzt finden in den Mitteilungen aus der «Akasha-Chronik» und in meiner Schrift «Die Geheimwissenschaft» -, so werden Sie sich sagen: Von diesen Wesenheiten sind es die Erzengel, welche während der alten Sonnenzeit ihre Menschheitsstufe durchgemacht haben. Da waren diejenigen Wesenheiten, die wir Geister der Form oder Gewalten nennen, die jetzt zwei Stufen höher sind als die Erzengel, auf der Erzengelstufe; sie waren Archangeloi, solche Wesenheiten, wie es die heute charakterisierten Volksgeister sind. Das war damals ihre normale Entwickelungsstufe.
Nun gibt es aber ein eigentümliches Geheimnis in der Entwickelung, das ist das Gesetz von dem Zurückbleiben gewisser Wesenheiten, das Gesetz, welches bewirkt, daß auf jeder Stufe gewisse Wesenheiten zurückbleiben, die dann auf der folgenden Stufe nicht auf der normalen Höhe stehen, sondern eigentlich den Charakter haben, den sie auf den früheren Stufen haben sollten. Nun sind während unserer Menschheitsevolution immer Wesenheiten zurückgeblieben. Unter diesen Zurückgebliebenen sind auch solche Geister der Form, solche Gewalten, und sie sind in einer ganz eigenartigen Weise zurückgeblieben, nämlich so, daß sie zwar in bezug auf gewisse Eigenschaften Geister der Form, Gewalten sind, daß sie durch gewisse Eigenschaften das können, was heute nur die Geister der Form können, die den Menschen auf der Erdenstufe das Ich verliehen haben, daß sie das aber nicht vollständig können, weil sie nicht alle dazu notwendigen Eigenschaften besitzen. Sie sind so stehen geblieben, daß sie nicht auf der Sonne, sondern jetzt während ihrer Erdenzeit ihre Erzengelstufe durchmachen, so daß sie Wesenheiten sind, die jetzt auf der Stufe der Volksgeister stehen, aber ganz andere Eigenschaften haben. Während die Volksgeister intim hineinwirken in das Menschenleben, weil sie zwei Stufen höher stehen als der Mensch, also mit den Menschen immer noch verwandt sind, sind diese Gewalten, diese Geister der Form vier Stufen über die Menschheitsstufe erhaben. Sie haben daher ungeheuer viele und große Kräfte, die nicht dazu taugen würden, so intim in die Menschen hineinzuwirken. Sie würden robuster wirken, aber kein anderes Gebiet haben für ihre Wirksamkeit als dasjenige, auf dem die normalen Volksgeister, die Erzengel, stehen.
Das ist das Schwierige, daß man erst unterscheiden lernen muß in der höheren Welt. Die, welche glauben, mit ein paar Begriffen in den höheren Welten auskommen zu können, irren sich sehr. Der Mensch, der mit oberflächlichen Begriffen in die höheren Welten hinaufsteigt, der findet da wohl die Erzengel. Aber man muß unterscheiden, ob es Wesen sind, die jetzt normalerweise auf die Erzengelstufe gekommen sind oder solche, die während des Sonnenzustandes der Erde auf dieser Stufe hätten stehen sollen. So also wirken auf dem gleichen Gebiete mit den Geistern der Volksstämme oder Erzengeln zusammen andere Wesenheiten, die sozusagen in der Rangordnung der Erzengel stehen, die aber mit ganz anderen, robusteren Eigenschaften begabt sind, mit solchen Eigenschaften, wie sie die sonstigen Geister der Form haben, und die dadurch tief eingreifen können in die menschliche Natur. Denn was haben diese Geister der Form während des Erdendaseins aus dem Menschen gemacht? Denken Sie sich, daß die Menschen zu sich nicht Ich sagen könnten, wenn die Geister der Form nicht das Gehirn geformt hätten zu dem, was der Mensch heute als solches besitzt. Also bis in die physische Gestaltung hinein können solche Wesenheiten wirken, trotzdem sie nur auf der Stufe der Erzengel stehen. Sie treten in eine Art von Wettkampf mit den Volksgeistern auf dem Terrain, wo die Volksgeister wirken.
Das erste, was sie hauptsächlich bewirken, indem diese Geister von der einen Seite und die anderen von der anderen Seite zusammenstoßen, ist die Sprache, das, was nicht entstehen könnte ohne den ganzen Bau und die Form des menschlichen Leibes. In dem Bau des Menschen haben Sie die Wirksamkeit dieser anderen Volksgeister, die mit den Naturgewalten und mit den Menschen verbunden werden. Also die Sprache dürfen wir nicht einfach denselben Wesenheiten zuschreiben, die in intimer Weise in das Volkstemperament hineinwirken und dem Volke als um zwei Stufen über dem Menschen stehende Wesen ihre Konfiguration aufprägen. Die Wesen, welche die Sprache geben, haben große Kraft, sie sind eigentlich Gewalten; sie wirken auf die Erde, weil sie auf der Erde geblieben sind, während ihre anderen Genossen im Ich wirken von der Sonne aus in den Weltenraum hinein. Von den Menschen wurde vor dem Erscheinen des Christus Jesus das Jahve- oder Jehova-Wesen verehrt, und sie verehrten nachher als vom Weltenraum hereinwirkend das Christuswesen. In bezug auf die Sprachgeister müssen wir sagen, daß in der Sprache gerade das vom Menschen geliebt wird, was bei der Erde verblieben ist. Wir müssen uns ganz andere Anschauungen angewöhnen. Der Mensch ist gewohnt, seine eigenen Begriffe auf das ganze Weltall anzuwenden. Er tut natürlich sehr Unrecht, wenn er die Tatsache, daß diese hohen Wesenheiten zurückbleiben in der Entwickelung, ungefähr so betrachtet, wie wenn ein Schulmädchen in einer Klasse sitzen bleibt. Sie bleiben nicht sitzen, weil sie nicht gelernt haben, sondern aus Gründen großer Weisheit, die in der Welt waltet. Würden nicht gewisse Wesenheiten auf ihre normale Weiterentwickelung verzichten und, statt mit der Sonne weiterzugehen, ihre Weiterentwickelung auf der Erde durchmachen, so würde das nicht auf der Erde haben entstehen können, was wir Sprache nennen. In gewisser Beziehung hat der Mensch seine Sprache innig zu lieben, und zwar aus dem Grunde, weil sozusagen aus Liebe bei ihm geblieben sind hohe Wesenheiten, die verzichtet haben auf gewisse Eigenschaften, damit der Mensch sich so entwickeln kann, wie das der Weisheit entspricht. Gerade so wie wir das Vorauseilen als eine Art von Opfer ansehen müssen, so müssen wir auch das Zurückbleiben in früheren Entwickelungsepochen als eine Art von Opfer ansehen, und wir müssen uns durchaus klar sein, daß die Menschen zu gewissen Eigenschaften gar nicht hätten kommen können, wenn nicht solche Opfer gebracht worden wären.
So also sehen wir, wie in dem Ätherleibe des Menschen und in dem Ätherleibe des Volksgeistes, der in Betracht kommt, zweierlei Wesenheiten ihre Arbeit austauschen: die normal entwickelten Erzengel und die auf der Erzengelstufe stehengebliebenen Geister der Form, die verzichtet haben auf ihre eigene Entwickelung, um den Menschen während ihres Erdendaseins die Volkssprache einzuverleiben. Sie mußten die Kraft haben, den Kehlkopf, die ganzen Sprachwerkzeuge so umzubilden, daß das Ergebnis dieser Sprachwerkzeuge eine physische Manifestation, nämlich gerade die Sprache ist. Wir müssen also als Ergebnis dieses Zusammenwirkens gerade dasjenige ansehen, was als Volksgemüt, als Volkstemperament mit der Sprache im Bunde uns entgegentritt. Was der Mensch auszusprechen vermag, wodurch er sich als Angehöriger seines Volkes kundgibt, was er hinaustönen läßt in die Luft, das ist dasjenige, was die mit den Volksgeistern verbündeten Geister der Form nur deshalb bewirken können, weil sie mit ihren großen Kräften und Gewalten auf der Stufe der Volksgeister stehen geblieben sind. So findet also ein solches Zusammenwirken statt innerhalb derjenigen Terrains, derjenigen Gebiete, wo die Volksgeister wirken.