Fussball in einer dreigegliederten Gesellschaft

01.11.2010

Die Forderung vieler Menschen nach einer Unterteilung der Gesellschaft in Geistesleben, Rechtsleben und Wirtschaft wird vom Fussball als Nationalsport dahingehend nicht beachtet, dass die ersten beiden Teile vermischt werden. Das Kulturleben, dem der Fussball eigentlich angehört, verlangt nach einer freiheitlich-individualistischen Verwaltung. Nationalfussball ist deshalb aus der Sicht der Dreigliederung ein Widerspruch in sich. Die Vermischung von Rechts- und Geistesleben führt zu verschiedenen Konflikten. Durch die nationale Förderung des Sportes setzt man sich über das Selbstbestimmungsrecht einer Minderheit im kulturellen Bereich hinweg. Diese Minderheit gehört zur Nation, kann aber mit Fussball nichts anfangen. Ein weiteres Problem, welches entstehen kann aber nicht muss, besteht darin, dass die Rechtsinstitutionen einer Nation mit denen einer anderen in Kontakt stehen. Probleme, welche auf dieser Ebene gelöst werden müssen, können sich durch die Vermischung von Geistes- und Rechtsleben auf eine andere Ebene verlagern. Diese beiden Probleme sollen im Folgenden erörtert werden.

1. Die Minderheit der Menschen, die mit Fussball nichts anzufangen weiß

Zum Selbstverständnis eines modernen Menschen gehört es, seine kulturellen Interessen selbst bestimmen zu wollen. Darauf in Bezug auf den Nationalfussball zu bestehen, bedeutet nicht, dass man den Fans ihren Spass nicht gönnt. Im Gegenteil, man fordert die Selbstbestimmung auch für Fussballinteressierte. Nur soll jeder seinen Vorlieben individuell nachgehen können, ohne dass man gezwungen wird, mit einer Mehrheit mitzulaufen. Dies geschieht aber insbesondere durch die Ausgaben von Steuergeldern für den Fussball. Diese Abgaben werden in Tat und Wahrheit für Menschen ausgegeben, welche auf die Unterstützung anderer angewiesen sind. Es in kulturelle Belange zu vergeben, ist faktisch ein Deklarationsbetrug. Es ist aber auch ein Betrug an den Menschen, für die dieses Geld bestimmt ist und die darauf angewiesen sind.

Die staatsunabhängige, individualistische Verwaltung des Sportes sollte in ihren eigenen Interessen auch von den Fans gefordert werden. Die Auslegung von Spielregeln beispielsweise kann dadurch die Vorstellungen der Einzelnen wesentlich besser widerspiegeln. Die Menschen, welche dieser Sport tatsächlich interessiert, erhalten dadurch mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten auf die Verwaltungsinstitutionen. Davon gibt der Clubfussball vielleicht bereits einen Vorgeschmack.

2. Die Austragung von Rechtsstreitigkeiten zweier Nationen auf kulturellem Gebiet

Sehr bekannte Fälle, in denen Rechts- und wohl auch Wirtschaftsstreitigkeiten in den Sport verlagert wurden, finden sich im kalten Krieg. Man versuchte nicht nur die Kommunisten den Zugang zu den Wettkämpfen zu verunmöglichen, sondern auch ein Sieg galt nicht nur als der einer Sportschule, sondern des jeweiligen politischen Lagers. Solange sich in Spielen jeder Art nicht Vertreter eines Geisteslebens begegnen, ohne zugleich für ein bestimmtes Rechts- und Wirtschaftsleben aufzutreten, werden Konflikte ausgetragen, die keine Lösungen zur Folge haben können. Die Lösungen können sich nur dadurch ergeben, dass sie dem entsprechenden Gesellschaftsglied zugeordnet und da angegangen werden.

Konkurrenz ist nirgends angebrachter als im Geistesleben. Da stehen sich beispielsweise die Vertreter zweier Schulen mit ihren eigenen Ansätzen gegenüber. Eltern vergleichen die Pädagogen und schicken ihre Kinder zu demjenigen, den sie für geeigneter halten. Wird eine Schule von niemandem genutzt, geht sie ein. In diesem Fall gibt es in der Regel kein Auffangnetz. Im Wirtschaftsleben dagegen könnten im Sinne der Dreigliederung über Ausgabesteuern für Unternehmen, von denen keine Produkte gekauft würden, weil sie durch erschwerte Produktionsbedingungen hohe Preise verlangen müssen, Ausgleiche geschaffen werden. Im Geistesleben wäre die Realität für die darin Tätigen gewissermassen härter. Entweder ihre Arbeit wird verlangt oder sie müssen in einem anderen Gesellschaftsbereich tätig werden. Dies ist eine entscheidende Grundlage für ein produktives Geistesleben.

Auch wenn das Konkurrenzprinzip im Geistesleben angelegt ist, verliert es im Sport seine eigentliche Bedeutung. Konkurrenz im positiven Sinn bedeutet Vielfalt. Es ermöglicht dem Einzelnen ein Geistesleben zu pflegen, welches ihm entspricht. Die Konkurrenz meint aber nicht, dass die Vertreter gegeneinander ausgespielt werden. Im Sport wird dies auf die Spitze getrieben, wenn verschiedene Schulen gegeneinander antreten. Der Vergleich steht unmittelbar im Zentrum. Im Gegensatz dazu treten zwei Künstler in der Regel unabhängig voneinander auf.

Ein wichtiger, prinzipieller Unterschied zwischen Kunst und Spiel besteht darin, dass man bei ersterer die Idee, mit der man an ein zu gestaltendes Material herantritt, vergessen können muss, während man sich bei zweiterem Regeln auferlegt, die es möglichst getreu zu befolgen gilt. Die jeweilige Stellung des Menschen zu Regeln beziehungsweise zu Ideen sagt in Bezug auf freiheitliche Aspekte einiges aus. Auch entspricht es einer materialistischen Kultur, dass stark auf äusserliche Messbarkeit und mechanischen Handlungsabläufen geachtet wird.

Es muss aber vom Standpunkt der sozialen Dreigliederung die Freiheit im Kultur- und Geistesleben gewährleistet bleiben. Die eigene Freiheit muss dahingehend erkämpft werden, dass das eigene Geistesleben Raum bekommt. Was andere machen, muss einem da, wo es nicht einschränkend ist, gleichgültig sein. Dies muss allerdings nicht heissen, dass man die Auswirkungen, die man an den Konsumenten eines anderen Kulturlebens beobachtet, nicht offenlegen soll.

Ausblick

Ein weiterer Aspekt, der hier nicht behandelt wurde, besteht darin, die Rolle der Wirtschaft im Fussball zu analysieren. Auch hier lassen sich zweifellos interessante Untersuchungen anstellen. Ich denke dabei insbesondere an den „Handel“, der mit Fussballspielern betrieben wird. Der Kauf und Verkauf von Spielern von einem Club an einen anderen gehört zu den eigenartigen Merkmalen der Verhältnisse von Managern zu den Spielern.