Staat

Definition

Unter Staat wird eine geographisch abgegrenzte und souveräne Herrschaftsgewalt verstanden. Für den späten Hegel ist der Staat eine Art Gott auf Erden, für Max Stirner dagegen der letzte Dreck. Wilhelm von Humboldt und Steiner erkennen den Staat an, aber unter der Bedingung, daß dieser die Grenzen seiner Wirksamkeit beachtet.

Geschichtliche Betrachtung

Das Staatswerden wurde vollzogen durch drei Mittel:

  • Die konsequente Instumentalisierung der landesfürstlichen Prärogative (Vorrechte), um die Stände aus verschiedenen Politikfeldern auszuschließen (z.B. das jus reformandi, um kirchliches und finanzielles Hoheitsrecht zu bekommen).
  • Durch die Perpetuierung (weiter fortführen) von ständischen Steuerbewilligungen (die es vorher nicht festgeschrieben gab).
  • Durch die Wiederbelebung des römischen Rechts und der Jurisprudenz wurde das Recht vereinheitlicht (zum Vorteil der Zentralregierung) und die ständischen Rechte wurden zu bürgerlichen Besitzrechten abgedrückt.

Symptomatisch für die Staatskonzeption ist Hobbes mit seinem Werk "der Leviathan" (1651) anzuführen. Hier entwickelt er paradoxerweise methodisch die moderne säkulare Naturrechtslehre mit Freiheitspostulaten, die in Richtung der modernen Menschenrechte führen, aber er opfert am Ende doch alle natürlichen Rechte zum Vorteil der despotischen Staatsgewalt und legitimiert ein souveränes Gewaltmonopol.

Zentrales Staatsmotiv war immer die souveräne Ausübung des Gewaltmonopols. So wurde beispielsweise das "heilige römische Reich deutscher Nation" nach dem Dreißigjährigen Krieg mit dem westfälischen Friedenstraktat und dem darin enthaltenen Kriegs- und Friedensschließungsrecht (jus belli et pacis) für alle Reichsstände als politisches Ganzes reell aufgelöst (erst 1806 wurde es vom Kaiser selbst formell aufgelöst); damit war der Weg geebnet für das Staatswerden der vielen deutschen Fürstentümer. Das Kriegsrecht war ebenfalls ein zentrales Thema in der Beziehung zwischen Landesherrn und Ständen: Kriegserklärung war immer ein landesherrliches Prärogativ, und im Mittelalter waren die Stände verpflichtet, das Landesaufgebot zu stellen. Im Zuge der militärischen Revolution war das ritterliche Aufgebot überholt und die Stände wichen ihrer Aufgebotspflicht mit Kontributionen/Steuern aus.

Die politische Situation um 1500 sah folgendermaßen aus: Der Landesherr verschuldete sich durch dynastisch motivierte Kriege und durch Prunksucht und ließ beim Nahen des Bankrotts die Stände die Schulden übernehmen, unter Hinweis auf die notwendigen Regierungsaufgaben (necessitas regni), die die Schulden legitimierten und die eine Schuldenbegleichung notwendig machten. Somit war Krieg eine den "Staats"-Haushalt konstituierende Maßnahme. Die Stände bewilligten in Kriegszeiten Kontributionen und in Friedenszeiten Schuldenerlässe durch Steuern, solange dies auf Basis eines politischen Ausgleichs erfolgte, - z.B. in Konfessionsangelegenheiten.

Das 17. Jahrhundert wird auch das eiserne Jahrhundert genannt, aufgrund der vielen militärischen Auseinandersetzungen die nicht nur zeitlich sondern auch kostenmäßig rasant anstiegen. Deshalb galt es für den Landesherren, die Stände politisch zu kontrollieren, um die Finanzierung ohne große Einwände der Stände zu gewährleisten.

Dabei war es wichtig, den Ständen die Religionsfreiheit als Machthebel durch die jus reformandi aus der Hand zu nehmen und eine staatliche Religions- und Bildungspolitik (z.B. Katechismusschulen (prot.) oder Jesuitenschulen (kath.)) zu betreiben. Weiterhin wurde es für den Landesherrn zu einem zentralen Anliegen, das wirtschaftliche Volumen seines Landes zu erhöhen, um seinen wirtschaftlichen Rahmen zu erweitern. Der Anfang des Merkantilismus liegt auch zu Beginn des 17. Jahrhunderts, und ist z.B. durch den berühmten Spruch Bacons charakterisiert: "What so ever ist somewhere gotten, is somewhere lost" was impliziert, dass der Merkantilismus die Wirtschaftskraft eines Landes auf Kosten eines anderen aufbaut. Auch mußten alle wirtschaftlichen Selbstverwaltungen wie z.B. die Zünfte zerschlagen werden. Die Zünfte regelten die Produktion entsprechend der Nachfrage. Dabei war aber das Ziel des Merkantilismus, die Produktion ins Unerschöpfliche zu steigern.

Zur Steigerung der Wirtschaftskraft versuchte die Regierung auch das Geistesleben zu kontrollieren und instrumentalisieren, um für das Wirtschaftsleben einen Innovationsschub zu erzielen. Diese Bemühungen spiegeln sich in den königlichen Akademien und in der Forderung, dass das Geistesleben am Nutzen abgemessen werden muß, und nur bestimmte methodische Wege beschreiten soll.

Der Staat ist erwachsen aus der Machtsucht der Fürsten und als ein Kind des Krieges und hat alle gesellschaftlichen Bereiche zentralisiert: Alle rechtlichen Beziehungen monopolisiert und das Geistesleben und Wirtschaftsleben reglementiert.

Rasmus Bjerregaard