Wir finanzieren nicht eure Atomgeschäfte!

18.03.2011

Wir finanzieren nicht eure Atomgeschäfte!

Im Juni 2010 gab das Deutsche Atomforum, der Lobbyverband von Unternehmen und Institutionen, der die Interessen der Kernenergiebefürworter vertritt, eine Umfrage bei Emnid in Auftrag. Unter anderem ergab diese Repräsentative Umfrage, dass 50%[1] der Befragten die Atomenergie ablehnen. Bei Forsa Umfragen der Jahre 2006 und 2008 waren es deutliche 60% bzw.66%[2].

Mit Beginn der Anti-Atomkraft-Bewegung vor über 35 Jahren wurde der Anteil der Bevölkerung, der sich gegen die Kernenergie aussprach stetig größer, bis er letztlich eine deutliche Zweidrittel-Mehrheit darstellte. Betrachtet man nun die staatliche Finanzierung der Kernenergie der letzten 50 Jahre, muss man konstatieren, dass über Jahrzehnte, erst gegen einen beträchtlichen Teil der Menschen, schließlich gegen die Mehrheit, diese tödliche Energieform mit massivem Einsatz von Steuergeldern subventioniert wurde.

Mit Demokratie hatte und hat das nichts zu tun, wie auch schon Johannes Mosmann hier feststellte. Es handelte und handelt sich eher um einen institutionalisierten Raub an der Arbeitsleistung der Menschen, eine administrative Gewalt, lautlos aber ähnlich brutal und schonungslos wie die physische Gewalt mit der das Kernkraftwerk Brokdorf durchgeprügelt wurde.

Betrachtet man allein die gewaltigen staatlichen Summen auch nur in Teilen, die in den letzten 50 Jahren aus den Taschen der Bevölkerung auf die Konten der an der Kernenergie Beteiligten geflossen sind, wird deutlich warum mit fast krimineller Energie eine im Anfang der Forschung noch gefürchtete Unbekannte, die man ursprünglich vor dem Einsatz noch gründlich erforschen wollte, schließlich zum Restrisiko verharmlost wurde[3]: Bau von Forschungsreaktoren ca. 20 Mrd.€, öffentlicher Finanzierungsanteil an gescheiterten Projekten („Schneller Brüter“ Kalkar, WAA Wackersdorf, THTR Hamm-Uentrop, AKW Mülheim-Kärlich) ca. 9 Mrd. €, Castor-Transporte ca. 3 Mrd. €, Sanierung Urantagebaugebiet Wismut 6,6 Mrd. €, Stilllegung und Rückbau von Atomanlagen 2,5 Mrd. €, Abriss Versuchsreaktor Jülich 0,5 Mrd. €, Betrieb und Stilllegung Atommülllager Morsleben 1,2 Mrd. €. Auf europäischen Raum und vollends an jeder demokratischen Legitimation vorbei wird es dann noch voluminöser: EURATOM 400 Mrd.€.[4]

Neben der politischen Aktion wäre angesichts dieser Entmündigung ein Steuerstreik konsequent. In den Jahren 1977 bis 1981 gab es neben der politischen Aktivität auch auf persönlicher Ebene Versuche, sich nicht mehr an der Finanzierung der Kernenergie zu beteiligen: die Initiative Stromgeldboykott. Deren Teilnehmer behielten 10% der Stromrechnung ein, den Anteil der von den Elektrizitätswerken zum Ausbau der Kernenergie verwendet wurde und zahlten den Betrag auf ein Treuhandkonto ein. Aktuell entwickelt „attac“ mit der Initiative „urgewald“, unter dem erfreulich selbstironischen Titel „Krötenwanderung jetzt“, eine Bankenwechselkampagne mit der Aufforderung: Hole Deine Kröten aus dem Sumpf! Verschiebe Dein Geld zu einer Bank, die andere Wege geht! Es gibt bei urgewald eine umfassende Broschüre, in der die entsprechenden Banken mit ihren jeweiligen Finanzierungen von AKW-Projekten aufgelistet sind. Als empfehlenswerte Banken werden dagegen die u.a. auch hier schon mehrfach erwähnte GLS sowie die Triodos-Bank benannt.

Über die Finanzierung des Betreibers der kollabierenden japanischen Reaktoren ist beispielsweise zu erfahren, dass „die Deutsche Bank und die WestLB für Tepco, dem Betreiber des japanischen Katastrophen-Reaktors, Anleihen in Höhe von zweimal rund 30 Millionen Euro ausgaben; die Muttergesellschaft der ING DiBa, die niederländische ING Groep, kaufte Tepco-Anleihen für rund 15 Millionen Euro. Alle drei Banken haben sich weder für die bekannte Vertuschung von Mängeln und Störfällen durch Tepco interessiert, noch für die schon vor Jahren offenkundigen Folgen kleinerer Erdbeben in den japanischen AKW.[5

Weitere Informationen vor allem zur Beteiligung an der Kampagne, zur Bestellung der Broschüre, zum Herunterladen der Wechselbriefe, bzw. der Wechseldrohbriefe und vieles mehr finden sich hier und hier.

Anmerkungen

  • [1] http://www.kernenergie.de/kernenergie/Themen/KE-fuer-jeden/dialogportal/
  • [2] http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/klima/umfrage-mehrheit-lehnt-atomkraft-ab_aid_392981.html
  • [3] Wolfgang Bonß in: Berliner Zeitung,17.3.2011, S.5
  • [4] Alle Zahlen: www.eurosolar.de
  • [5] http://www.attac.de/aktuell/bankwechsel/neuigkeiten/artikel/datum/2011/03/14/atomkatastrophe-banken-finanzier