Funktionalismustheorie, europäische Integration und Dreigliederung

01.09.2000

1. Funktionalismus und internationale Theorien

1.1 Die internationalen Theorien

Die politischen Theorien zur internationalen Politik sind zahlreich vorhanden, und je nach den Veränderungen der internationalen Politik, werden alte Theorien moderiert und neu lanciert, und tragen so zur Vielfalt bei. Ein solches Unterfangen erreichte vor ein paar Jahren sogar Schlagzeilen in der breiten Öffentlichkeit, nämlich der Versuch von Samuel Huntington, der polarisch ausgerichteten US-amerikanischen Außenpolitik eine neue Orientierung zu geben, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.Ziel aller Theorien ist es, Erklärungen über das politische System als Entscheidungssystem zu geben, um somit Analysen durchzuführen und Handlungsanweisungen an das politische System zu geben.Die Aussagekraft der Theorie entscheidet über das Überleben und die Paradigma-Herrschaft im Wissenschaftsmillieu und der Politikschmiede. Die Theorie muß ihren Platz erobern, wird danach aber zur Handlungsmaxime und damit ihre eigene Empirie; Theorie ist Macht. In der Arbeit für die Dreigliederung des sozialen Organismus ist es wichtig, ein geeignetes Analysewerkzeug zur Hand zu haben, um die konkreten internationalen Politikfelder und die internationale Zusammenarbeit zu analysieren. Es dürfte uns aber auch die Frage wichtig sein: Wie können wir durch Theorien gegen die Handlungsmaximen des politischen Alltags vorgehen, und zentrale Punkte prägen.Rudolf Steiner spricht sich gegen abstrakte Theorien als Grundlage von Politik aus. Es soll deshalb hier nicht philosophiert werden, sondern der politischen Wirklichkeit der Blick zugewandt werden; und nichts anderes verlangt auch die moderne politologische Wissenschaft.Zuerst will ich mich auf die Suche nach geeigneten Ansätzen unter der Vielfalt der Theorien begeben um darauf weiter aufzubauen. Dabei entfallen alle Theorien, die auf Macht in irgendeiner Form als Entscheidungsgrundlage bauen. Machtpolitik mit dem Ziel Macht-Gewinnmaximierung eines politischen Systems zu erreichen, im Sinne der Realismus-Theorie, führt nur zum Einheitsstaat, nicht zur Dreigliederung. Aber auch Theorien mit einer Relativierung der Ausrichtung der Politik auf reines Machtkalkül, so wie die Kybernetiktheorie, die Kommunikationsabläufe im System für die Entscheidungen verantwortlich macht, oder der Inkrementalismus, der weitgehend der Entscheidung im politischen System Rationalität abspricht, und das "sich- Durchwursteln" als politische Realität proklamiert, verzichten keineswegs auf Macht als Gegenstand und Ziel von Politik. Auch von idealistischen Ansätzen, wie die Dependenztheorie, kann die Ausblendung von Macht nicht erwartet werden, - im Gegenteil: Die Dependenztheorie nimmt in ihrer Analyse Bezug auf gesellschaftliche Praxis, sprich die Produktionsverhältnisse, und ist damit eine Herrschaftsanalyse mit Fokus auf Macht. Eigentlich geht nur eine Theorie von Machtminimierung aus: Der Funktionalismus.

1.2 Funktionalismus. Eine Synopsis

Die Wurzel des Funktionalismus liegt in der Arbeit von David Mitrany "A Working Peace System" (1943), wo er eine integrative Theorie entwickelt, ohne sich auf ein normatives Programm festzulegen, wie der klassischer Liberalismus (Kant) bzw. amerikanische Idealisten (Schule Wilsons) oder die Föderalisten, die eine Integration verwirklichen wollen durch Souveränitätsabtretungen der Nationen an internationale Institutionen [1]. Die grundlegende These des Funktionalismus ist, dass "Formen Funktionen folgen" (Forms follow functions), oder etwas länger ausgedrückt: Politische Formen werden bestimmt von deren Funktionen und funktionale Anforderungen ändern das politische System. Damit herrscht nicht die Macht des Politischen, sondern die Macht des Funktionalen.Aus rein funktionalen Gründen wurde von Mitrany ein Integrationsentwurf entworfen, mit der These, dass sich die Welt zunehmend integriert. Die Kausalität dieser Integration liegt in der modernen, im Zuge des Fortschritts und der Entwicklung immer komplexer werdenden Welt mit immer neu entstehenden sozialen, ökonomischen und, jetzt aktuell, ökologischen Problemen, deren Regelung nicht immer in nationalem Rahmen gelöst werden können und so einen Zwang zur Harmonisierung der Politik und gegenseitigen Hilfe zur Folge hat, oft mit der Konsequenz von Kompetenzabtretungen an übernationale Organisationen oder Institutionen.Es entsteht also fortlaufend ein Handlungsbedarf, aber auch eine fortlaufende Modifizierung der Arbeit internationaler Organisationen: Um Aufgaben wahrzunehmen, die ihnen überlassen sind, müssen Organisationen immer wieder ihre Kompetenz und ihr Wirkungsfeld erweitern. "Policies made in carrying out an initial task and grant of power can be made real only if the task itself is expanded" [2]. Hier ist die Integration funktionalistisch determiniert: Um sich den Anforderungen zu stellen und die vereinbarte Aufgabenstellung zu erfüllen, müssen die internationalen Organisationen an Gewicht gewinnen. Die Annahme des Funktionalismus ist es also, dass Organisationen, konfrontiert mit Problemen, nicht gehemmt werden oder daran ersticken, sondern sogar durch die Probleme aufblühen und wachsen.Diese funktionalistische Expansion internationaler Organisationen wird als "spill-over effect" bezeichnet, nach dem Bild von einem überlaufende Reformstausee. Dies ist das Kernstück im Integrationsprozess und das spill- over- Gesetz ermöglicht dem Politologen eine Prognose der zukünftigen Integrationslinien.Ein Grundsatz Mitranys ist, dass nur "low-politics" (z.B. Wohlfahrtspolitik) für Integration geeignet ist. "high-politics" wird eifersüchtig vom Nationalpolitiker gehütet und nur "low-politics" hat eine Chance automatisch "überzulaufen". Dieses Unterlassen von Machtpolitik führt auch zu einem anderen Integrationsideal, als bei beispielsweise den Föderalisten. Während die Föderalisten nur Integration durch starke institutionale Strukturen für möglich halten, meint der Funktionalismus, dass Integration durch internationale "policy-making" (Sachpolitik) aufgrund der dadurch entstehenden Interdependenz zustande kommt [3].Dieser integrative Prozeß führt die Weltgesellschaft tendenziell hin zu einer Weltgemeinschaft [4], und ist damit ein dialektischer Prozeß, der die nationalen Gegensätze durch integrative Synthesen abbaut, und die internationale Weltkonstellation und die internationale Disziplin dadurch letztlich abschafft, laut der Konsequenz des Funktionalismus.Dass Nationen sich einem Integrationsprozeß unterwerfen müssen um Probleme zu lösen, ist ein Postulat, das von den realistischen Theorien nicht hingenommen wird, wegen dem Machtverlust infolge eines solchen Prozesses. Aber gerade Verzicht auf Gewalt als möglicher Problemlöser charakterisiert die Integrationssituation [5] und die Macht an sich kann für den Funktionalisten keinen Wert haben: "Unless we assume the Hobbesian homo homini lupus as our model, neither organized men nor organized states ever make "power" their aim" [6].Um diese andere Handlungsmaxime der Politik gegenüber den Realisten zu verteidigen, stützt sich der Funktionalismus sowohl auf eine andere Anthropologie, als auch auf eine andere Teleologie, als es die Realisten tun. In geistiger Anlehnung an die Aufklärung wird ein positives Menschenbild gezeichnet: "Man is by nature good, rational, and devoted to the common weal; when society is organized so as to bring out manys tendency to mobilize his energies for the general welfare, the forces of peace and harmoy rule" [7]. Aus diesen Komponenten des Menschenwesens (Gütigkeit und Verstand) ergibt sich auch die Teleologie des Funktionalismus in Anlehnung an die Utilitaristen. Der Mensch ist fähig, selbst seine Bedürfnisse zu definieren, und diese Bedürfnisse werden normalerweise materiell als Wohlstand definiert. Das Streben nach genereller Wohlfahrt wird so, durch den oben genannten Grund als allgemeiner, universeller Wert verstanden, und weil der Mensch gut ist und daher auch seine Mitbürger glücklich wissen möchte und weil "man will seek his rational advantage in maximizing his physical welfare by cooperation with other men" [8]. Desweiteren werden auch die liberalen Errungenschaften, wie die Menschenrechte, im Funktionalismus aufgegriffen, und so bildet Friedenspolitik, abgeleitet von den Menschenrechten, einen zentralen Wert für das internationale System.Trotz dieser normativen Theoriebestandteile muß klar gesagt werden, dass der Funktionalismus insoweit nicht normativ ist, als solche Wertkomponenten für Funktionalisten im Prinzip nicht verbindlich sind als Handlungsmaxime, und deren Ableitung nur aus der "Praxis" entnommen sein will. "We banish from our construct the notion that individual actors, groups, or elites regularly and predictably are engage in political pursuits for unselfish reasons [...] We further reject the notion of conscience, good will, dedication to the common good, or subsevience to a socially minipulated consensus on welfare questions, as possessing little consistent reality in living politics. Cooperation among groups is thus the result of convergences of separate perceptions of interest and not a spontaneos surrender to the myth of the common good" [9].Es wird lediglich davon ausgegangen, dass der Mensch, und somit auch die politischen Akteure und das internationale System eine natürliche Neigung gegenüber diesen Werten hat, und dass diese Werte die Rahmenbedingungen der internationalen Politik bilden, obwohl die partikulären Interessen der Akteure diese Werte nicht explizit beinhalten. Friedenssicherung und wohlfahrtsorientierte Politik sind lediglich natürliche und nicht selbstverständliche Themen.Außer dem theoretischen Versuch der Behauptung der funktionalistischen Integrationstheorie gegenüber den Realisten, führen die Funktionalisten empirische Belege, in Form von historischen Beispielen, für diese Theorie ins Feld. Hier dient die zunehmende Dichte der internationalen Organisationen und Beschlüsse der Argumentation. Die Beispiele hier sind mannigfaltig aber streitfähig, und die Geschichte ist, genauer betrachtet, ein Selbstbedienungsladen, in dem jeder etwas findet. Eine gewisse zunehmende Dichte der zwischennationalen Beziehungen ist jedoch schon zu verzeichnen [10], trotz gewaltiger Rückschläge, wie dem zweiten Weltkrieg. Ein historiographischer Argumentationsstrang soll hier jedoch nicht weiter verfolgt werden.Die Funktionalisten verneinen nicht, dass Politiker nationale Interessen auf der internationalen Bühne vertreten, und dass für sie nationale Interessen der Telos sind. Der prominente Vertreter des Neo-Funktionalismus vertritt aber auch die inkrementalistische These, dass die politischen Akteure (anders als bei den Realisten) keine volle rationale Entscheidungssituation vorfinden, wo alle Handlungsalternativen und deren Konsequenzen für die Entscheidungsfindung offen liegen, sondern dass vorliegende Entscheidungswege begangen werden, wenn deren "Costs" akzeptabel erscheinen. Bei der begrenzten Rationalität der politischen Akteure spielen deshalb besonders Funktionäre und Technokraten eine entscheidende Rolle, weil ihnen eine starke Initiative gegeben ist und ihre Fachkenntnisse entscheidend sind beim begrenzten Durchblick der Politiker.Wie es J.S. Nye formuliert, ist der Neo-Funktionalismus "a strategy for attacking the castle of national sovereignty by stealth, with interest groups as mercenaries and technocrats as agents within the walls to open the gates quietly" [11].Weil die Neo-Funktionalisten einen "Schleichangriff" auf die nationale Souveränität durch Technokraten planten, gaben sie sich nicht nur mit dem "spill-over" Effekt zufrieden, und sie brachen mit dem Grundsatz, dass sich Integration nur durch "low-Politics" vollzieht. Sie argumentierten, dass "power and welfare cannot be kept radically separate and that true technical selfdetermination on non-controversial topics will be condemmned to triviality" [12].Sie entwickelten deshalb andere Mechanismen der Integration, die eben nicht davon ausgehen, dass nationale Politiker bewußt die Weltgemeinschaft ansteuern.Der Schlüssel liegt für den Neo-Funktionalismus hauptsächlich in der inneren Dynamik der internationalen Organisationen: "Certain kinds of organizational tasks most initimately related to group and national aspirations can be expected to result in integration even thougt the actors responsible for this development may not deliberately work toward such an end". Thus viewed, integration is conceptualized as resulting from an institutionalized pattern of interest politics, played out within existing international organizations" [13]. Internationale Organisationen sind also Träger der Integration, da sie zur Lösung internationaler Aufgaben eingerichtet werden aber auch, weil sie selber den Anstoß zur Integration geben. Sie sind also nicht passive Kanalisation der Integration, sondern wirken integrativ. Die Expansion der Integration, die die Organisationen tragen, liegt, im Zuge der fortschreitenden Entwicklung, also nicht nur in ständig hinzukommenden neuen Aufgaben, sondern vielmehr in sowohl der Auswirkung der Organisation auf internationale Akteure, als auch in der qualitativen Veränderung der Organisationen im Laufe der Zeit.Politische Akteure unterliegen einem ständigen Lernprozeß. "When actors realize that their interest would best be achieved by adopting new approaches, and if these approaches involve commitment to larger organizations [...] then does "learning" contribute to integration" [14]. Dieser Lernprozeß wird durch das Wirken der Organisation beeinflußt: "Initially unintended consequences of organizational action are assimilated into the perceptive equipment of the actor - in other words, he "learns". The accumulation of such experiences may then give rise to the evolution of new rules of conduct, rules tailored to the specific pursuits and postulated aims of the action context". Diese Ausstrahlung der Organisationen auf ihre Klientel, wird als "spill-back Effect" bezeichnet, und wirkt fördernd auf die Bereitschaft der internationalen Akteure zu integrativen Maßnahmen.Dass Organisationen sich mit der Zeit qualitativ ändern liegt, wie eben ausgeführt, an der sich vermehrenden Einsicht der Akteure, aber auch daran, dass die Akteure der internationalen Politik in der ständigen gegenseitigen Auseinandersetzung über divergierende Interessen Kompromisse erzielen wollen/müssen. Für eine Kompromißlösung gibt es viele Optionen, aber laut Mary Follet gibt es eine ideale Kompromißlösung, wo keine Partei etwas opfern muß. Dieser Kompromiß kann dadurch erzielt werden, dass eine Lösung auf einer höheren Ebene ausgearbeitet wird, was typischerweise eine Expansion eines ursprünglichen Mandats einer Organisation bedeutet [15].Ein anderer Lernprozeß kann auch innerhalb der Organisation vonstatten gehen, wenn die Organisation eine gewisse Reife hat, und so sich selbst in die qualitative Veränderung mit einbringt. Dies ist dann möglich, wenn die Aufgabe der Organisation über das passive Verwalten von Dingen hinausgeht und sie eine eigene Führung und eigenes Initiativrecht hat. Eine solche Organisation entwickelt mit der Zeit, durch Reflexion über sich selbst, eine eigene Ideologie und von dieser Ideologie aus stellt die Institution neue Perspektiven für sich selbst auf, welche sie dann ins Spiel bringt und mit welchen sie ihre Klientel konfrontiert, wenn unter ihr ein Kompromiß geschlossen werden soll, um Probleme oder Konflikte zwischen ihnen zu beseitigen [16].Die letzte und bedeutendste Änderung, die die Organisation qualitativ erfahren kann, wird durch den spill-over Effect verursacht. Um Aufgaben wahrzunehmen, die ihnen überlassen sind, müssen Organisationen oftmals ihre Kompetenz und ihr Wirkungsfeld erweitern. "Policies made in carrying out an initial task and grant of power can be made real only if the task itself is expanded" [17]. Hier ist erneut die Integration funktionalistisch determiniert: Um sich den Anforderungen zu stellen und die vereinbarte Aufgabenstellung zu erfüllen, müssen die internationalen Organisationen an Gewicht gewinnen. Die Annahme des Funktionalismus ist es also, dass Organisationen, konfrontiert mit Problemen, nicht gehemmt werden oder daran ersticken, sondern sogar durch die Probleme aufblühen und wachsen.Der spill-over Effect ist das Kernstück im Integrationsprozeß. Während spill-back, innerorganisatorische Innovation und Expansion als Konfliktlöser eher Rahmenbedingungen der Integration sind, die das Wie und Wann bestimmen, ist das spill-over- Gesetz die Grundlage der Integration und ermöglicht dem Politologen eine Prognose der zukünftigen Integrationslinien.Der Integrationsmechanismus und der Träger dieses Integrationsprozesses (Organisationen) sind bereits dargelegt worden. Damit sind die konkreten Entscheidungsträger und der Entscheidungsweg aber nicht behandelt worden. Der Funktionalismus unterscheidet sich von der anderen Integrationstheorie, dem Föderalismus insofern, als er die Nationalstaaten als legitime Entscheidungsträger in allen Beziehungen im Integrationsprozeß ansieht. Wo die Föderalisten Abtretung von Souveränität in sowohl legislativem, judikativem als auch exekutivem Bereich fordern, sehen die Funktionalisten keinen Grund zur Abtretung von legislativer Gewalt, was die volle Entscheidungsgewalt bei den Nationalstaaten beläßt [18]. Auf der Analyseebene bedeutet dies, dass die Organisationen die Bedingungen der Integration determinieren, während die Nationalstaaten die entscheidungstragenden Akteure sind.Der Entscheidungsweg, der zur Integration führt, ist für die Funktionalisten ein wichtiger Gegenstand für die Analyse. Der Entscheidungsfindungsprozeß in der internationalen Kooperation verläuft, laut Haas, gemessen an der Entwicklung des europäischen Einigungsprozesses, nicht nach dem inkrementalistischen Verfahren, wo Ziele nach angepaßten Methoden angesteuert werden, wie es oft der Fall ist im nationalen politischen Entscheidungsprozess [19]. Im Fall der europäischen Zusammenarbeit wäre im Sinne des Inkrementalismus z.B. Wirtschaftsförderung das Ziel, während die verfolgte Politik sich den Bedingungen anpaßt. Haas verbannt diesen approach nicht aus der Optik, meint aber, daß der Entscheidungsprozeß, der für die Integration am wichtigsten ist, der "fragmented issue linkage", also unholistische Sachlösung ist. Wie der Terminus schon besagt, ist es eine Problemlösung, die in ihrer Wirkung nicht voll abschätzbar ist und die nicht alle Aspekte des Problems berücksichtigt. "Fragmented issue linkage does not set in until there is a "crisis", until the knowledge and the experience which had fueled incremental processes are subjected to sharp doubts and questions. Issue linkage occures when older objectives are questioned, when new objectives clamor for satisfaction, and when the rationality accepted as adequate in the past ceases to be a legitimate quide to future action" [20]. Diese Entscheidungsprozeß- Theorie besagt also, dass der Integrativprozeß eine stufige, fast metamorphose Evolution ist, in der sich der spill-over Effekt akkumuliert, bis er die Politik in deren Ausrichtung auf eine andere Grundlage stellt und sogar das Ziel der politischen Zusammenarbeit umformulieren kann. Die Ziele der Zusammenarbeit werden aber in dem "fragmented issue linkage" Entscheidungsprozeß nicht wilkürlich umformuliert, sondern richten sich nach den expliziten oder impliziten Ideen, die der internationalen Zusammenarbeit zu Grunde liegen.Der Funktionalismus ist eine Integrationstheorie, die zwar den Nationalstaaten die Entscheidungsgewalt beläßt, aber dennoch von einem, durch spill-over und spill-back Effekt usw. verursachten, Automatismus der Integration ausgeht. Dieser Automatismus stellt jedoch die Handlungsfreiheit der Nationalstaaten im Integrationsprozeß in Frage. Können sich die Nationalstaaten denn überhaupt dem Integrationsprozeß in den Weg stellen und den spill-over Effekt nicht zum Zuge kommen lassen, und können die Nationalstaaten überhaupt eine Integrationsgemeinschaft verlassen? Eine organisatorische, internationale Zusammenarbeit (von einer gewissen Bedeutung) ohne weitere Integration wirkt sich dysfunktional aus, und ist insofern regelrecht schädlich. Wenn sich nun ein Nationalstaat von einer organisatorischen, internationalen Zusammenarbeit trennt, muß diese, dadurch dass sich die Bedingungen für diesen Nationalstaat politisch, ökonomisch etc., je nach Zusammenarbeitsinhalt, radikal ändern würden, mit beträchtlichen Defiziten rechnen und obendrein würden der funktionalistische Vorteil der Zusammenarbeit verloren gehen. Solche Maßnahmen oder Obstruktionen sind dysfunktional und damit "unlogisch", und folglich muß der funktionale Satz gelten: Einst mit der Integration begonnen, gibt es vom Integrationspfad keinen Weg mehr zurück. Nur in seltenen Fällen, aus nationaler Schwärmerei, wird der Integrationsprozeß bedroht, aber insgesamt gesehen können dem Integrationsprozeß nur periodischer Stillstand und sporadische Rückschläge drohen.

2 Funktionalismus, Dreigliederung und die EG/EU

2.1 Funktionalistische Synthese der europäischen Integration

Wenn die Entwicklung der EG/EU berücksichtigt wird (Die Darstellung davon ist außerhalb dieses Artikels verlegt worden) ist es deutlich dass die europäische Integration als Kanalisation notwendiger zwischenstaatlicher Zusammenarbeit funktioniert hat. Die EG/EU ist denn auch die Paradebeispiel der Funktionalismustheorie.Die Notwendigkeit in Europa zusammenzuarbeiten, lag primär an den Wirtschaftsbedingungen und an dem Vorteil für die Wirtschaft, die eine Zusammenarbeit bringen konnte. Sekundär ging es um die Sicherheit, die durch gegenseitiges Einbinden erreicht werden konnte. Insofern stimmte die Motivation zur Zusammenarbeit mit der Grundannahme des Funktionalismus überein, nämlich dass Nationalstaaten aus funktionalen Gründen auf der Grundlage von "low-Politics" kooperieren müssen.Der Funktionalismus hat immer mit dem Föderalismus konkurriert. Je nach Stand der Integration, besonders wenn der "spill-over" nicht griff oder wenn die politische Optik sich auf "high Politics" verlagerte, wurden die Forderungen nach föderalen Lösungen laut. Es kann jedoch nicht von einer föderalen Integrationsgrundlage in der EG/EU gesprochen werden, obwohl die Zusammenarbeit Völkerrechtlern Kopfzerbrechen beschert.Mit der neueren Entwicklung der europäischen Integration der letzten 15 Jahre gestaltet sich eine Beurteilung jedoch schwieriger, weil diese Integration noch nicht zu einem inhaltlichen und gestalterischen Abschluß gekommen ist.Bei der völkerrechtlichen Zuordnung der mit dem Maastrichter Vertrag geschaffenen EU ist festzuhalten, dass es der Union an der für die Staatlichkeit erforderlichen Kompetenz-Kompetenz fehlt, also der Befugnis, sich alle für erforderlich gehaltenen Befugnisse selbst zu verschaffen. Diese Allmacht des Staates, die allerdings regelmäßig verfassungsrechtlich eingezäunt ist, fehlt sowohl den europäischen Gemeinschaften als auch der EU [21].Die EU ist andererseits auch kein intergouvernementales Beratungsorgan, wie der Europarat, aber auch kein Staatenbund (Konföderation), ohne Völkerrechtssubjektivität der vorrangig auf Lösung von "high Politics" ausgerichtet ist, jedoch ohne eigene Exekutionsmöglichkeiten.Die Europäische Zusammenarbeit ist vielmehr eine supranationale Zusammenarbeit ohne Völkerrechtssubjektivität aber mit delegierten Kompetenzen, - eben eine funktionalistische Definition die weder Fisch noch Fleisch ist, sondern rein pragmatisch und funktionell zum Funktionieren gebracht wird, ohne verfassungsrechtlich festgehalten zu werden.Der Maastrichter Vertrag markiert aber nicht nur eine Erweiterung der Rolle der Europäischen Gemeinschaft, sondern entwickelt ganz neue Politikfelder. Der Vertrag ist ein Mantelvertrag mit verschiedenen Säulen. Eine Säule ist die EG, als weitere Säulen sind hinzugekommen: Zusammenarbeit in der Innen- und Justizpolitik (ZIJ) und die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP).Es ist hier festzuhalten, dass nun auch "high Politics" eine Grundlage der europäischen Integration sein wird. Was hat das für Auswirkungen?Nur die Zeit kann zeigen, in welche Richtung die europäische Zusammenarbeit geht, im Hinblick auf den Maastrichter Vertrag. Die Bestimmungen des Vertrages sind zu undeutlich, als dass sich daraus eine klare Zielsetzung entnehmen ließe.Das Wort Union birgt in sich eine klare Intention: Das Wort bedeutet Einswerden und Art. A Abs. 2 des Unionsvertrages bezeichnet die Union als eine "neue Stufe der Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas" und geht damit von der Prozeßhaftigkeit und der Entwicklungoffenheit, ja Entwicklungsbedürftigkeit, der Union aus [22].Der Vertrag ist ein Mantelvertrag und beabsichtige auf längere Sicht die drei Säulen zur Grundlage für einen europäischen Überbau zu machen. Wie dieser Überbau oder Dachkonstruktion aussieht ist aber völlig ungewiss.Der Art. C Abs.1 des Vertrags postuliert zwar "einheitliche institutionelle Rahmen", aber das Zuständigkeitsprinzip ist nicht erkennbar. Es ist klar, dass der Europäische Rat, also die Regierungschefs und die Außenminister der Mitgliedsstaaten, die Richtlinien der Union geben: "Sie geben der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legen die allgemeinen politischen Zielvorstellungen für diese Entwicklung fest" [23]. Dem Europa- Parlament "gebührt" aber in Rahmen der GASP und der ZJI in kompetentieller Hinsicht nichts. Das Parlament wird lediglich unterrichtet und angehört [24]. Die Kommission hat prinzipiell "volle Beteiligung" an der Zusammenarbeit, aber nur durch zugewiesene Befugnisse und hat unverbindliches Vorschlagsrecht. Es ist deshalb angebracht, gegenwärtig von den zwei neuen Unionssäulen als einer intergouvernementalen Zusammenarbeit zu sprechen und die Einbindung der Kommission, des Parlaments und des Gerichtshofs als "Organleihe zugunsten der Unionsstaaten" zu bezeichnen [25]. Schließlich scheint das Subsidaritätsprinzip dafür zu sorgen, dass die volle Exekution in nationalstaatlichem Rahmen geschieht, besonders wenn es um Justiz und Innere Sicherheit geht.Das Bundesverfassungsgericht bezeichnete die EU als "Staatenverbund" und stellte fest, dass die Unionsmitglieder beabsichtigen, "im Verbund" zu handeln. Bei dieser Definition ist der Säulen-Überbau ein sehr loser Überbau, ohne korrespondierenden Inhalt, nur zusammengehalten durch eine "Personalunion".Beim Ausscheren von Ländern wie Dänemark, Schweden und Großbritannien in gewissen Gebieten ist dies sogar nicht ganz haltbar, und die Idee vom "Europa der zwei Geschwindigkeiten" läßt sich erkennen.Aus der Perspektive der Theorieansätze ist das Bild ziemlich frustrierend. Der Vertrag ist nicht ganz schlüssig und die Inhalte sind sehr heterogen. Der Föderalismus kann zwar einen höheren Grad an Verpflichtungen und die Expansion auf dem Gebiet von "high politics" vermerken, muß aber andererseits erkennen, dass die Zusammenarbeit von "high politics" kaum institutionelle Rahmen und Kompetenzen hat. Das Konzept der intergouvernementale Zusammenarbeit ist eher im Lager der Realisten zu finden, aber sie können nichts mit rechtlichen, zwischenstaatlichen Verpflichtungen anfangen.Für den Funktionalismus ist es problematisch, dass die Zusammenarbeit auf "high politics" erweitert wird: Die "spill-overs" sollen sich auf "low-politic"-Ebene halten. Prinzipiell wird vom funktionalistischen Standpunkt nichts dagegen eingewendet, dass die kooperierenden Mitglieder parallel zu ihrer funktionalistischen Integration auf der Ebene der "high politics" auf intergouvernementale Basis zusammenarbeiten. Aber es darf keine Verflechtung mit den zwei Formen der Zusammenarbeit stattfinden, wie es die Intention des Maastrichter Vertrags ist.In der Verflechtung der drei Säulen muß unweigerlich eine andere rechtliche Grundlage, ganz in föderalistischem Sinne entstehen. Es ist schon ein Bestreben einiger Politiker, und höchst wahrscheinlich auch vieler EU- Funktionäre, den Überbau zu vollenden, und zwar in föderalistischem Sinne. Der Vorschlag des deutschen Außenministers Joschka Fischer im Mai 2000 ist voll und ganz dieser Idee hingegeben.

2.2 Dreigliederung und Funktionalismus

Es mag viele Dreiglieder nicht klar sein warum der funktionalistische Ansatz heilvoller sei als der Föderalismus. Viele mögen sagen: laß uns die brüderliche Vereinigung von der Europäischen Völker schnell möglichts realisieren, und zwar auf verfassungsrechtliche Art und Weise wie es der Föderalismus vorschlägt. Es wäre zwar wünschenswert wenn dadurch jeglicher Nationalismus besiegt und die geistige Interaktion der Völker erleichtert werden könnte. Ob aber eine Föderation dies ermöglichen kann, und ob eine Föderation politisch stabil sein kann aufgrund der vielen unterschiedlichen politischen Kulturen und Systeme ist die Frage.Viel wichtiger ist aber daß durch den Föderalismus für den sozialen Organismus nichts gewonnen wird. Föderalismus ist die Lehre von der ungleichen Verteilung von Macht und enthält damit gleich zwei negative Aspekte. Föderalismus verteilt (Horizontalteilung) und balanciert (Vertikalteilung) Gewalt und setzt Macht nur quantitative Grenzen. Der Föderalismus will die Macht ausgewogen gestalten, damit nicht Minderheiten auf föderaler Ebene majorifiziert werden. Auf der horizontalen Ebene ist dafür der Politisierungsgrad tendenziell um so höher, mit der Folge, dass die föderale Mehrheit auf horizontaler Ebene von der Minderheit majorifiziert wird. Im Föderalismus erlebt man zwar keinen föderalen Zentralismus, dafür aber um so mehr regionalen Zentralismus. Dieser regionale Zentralismus ist um so schwerwiegender, als die Zuständigkeit der Bundesstaaten in seinem Kern die Kulturpolitik umfaßt. Die verbitterte staatliche Verknotung von Geistesleben ist wohl stärker im Föderalstaat Deutschland, als in so manchen zentralistischen Staaten, wie z.B. Dänemark. Die Verteilung von Kompetenzen (Macht) im Föderalismus richtet sich nicht nach sachlichen qualitativen Überlegungen und politisiert Wirtschaftsleben und Geistesleben genauso, wie Zentralismus oder gar noch mehr.Nach der Trennung von Wirtschaftsleben und Geistesleben vom Rechtsleben ist die Sphäre des Rechtslebens diejeniege, die sich charakterisieren läßt, als das Gesellschaftsglied, in dem alle gleich sind. Mit dem Ausbalancieren des Föderalismus entsteht nicht die notwendige Gleichheit im Rechtsleben der dreigliedrigen Gesellschaft.Was vermag aber der Funktionalismus zu leisten?Es wurde bereits der Punkt vorgebracht, dass der Funktionalismus ein Friedenssicherungskonzept ist, das durch funktionale Bindung und Verbannung von "high Politics" den Realisten die Stirn bietet, ohne in Idealismus zu verfallen.Ein Punkt ist auch, dass der Funktionalismus die Kompetenzbereiche der Nationalstaaten besonders auf wirtschaftlichem Gebiet aufbricht, und funktionalistische Entwicklungsmöglichkeiten bietet.Der Funktionalismus sagt aber nichts darüber aus, welche Gestaltung für das Wirtschaftsleben "funktionalistisch" ist. Anhänger von sowohl Adam Smith als auch Keynes oder gar "Merkantilisten" können unter "Funktionalisten" gefunden werden.Es ist aber die Frage, ob die Funktionalisten nicht doch funktionalistische Konzepte entwickeln müssen, und nicht bloß dem Leitsatz "anything goes" für die Integration folgen. Die europäische Integration zeigt gegenwärtig dieses Problem. Jetzt gerade scheinen Politiker wie Joschka Fischer einen festen verfassungsmäßig verankerten Überbau für "funktionalistisch" zu halten. Damit wäre aber die funktionalistische Integration beendet und für die globale Integration wäre nichts gewonnen; es wurden aus ein paar Nationalstaaten nur noch ein neuer geboren.Was ist funktionalistisch und wie muß sich die europäische Integration funktionalistisch gestalten?Als erstes steht der Grundsatz vom Heraushalten von "high-Politics" auf der Ebene der funktionalistischen Integration. Das Problem bezüglich "high-Politics" ist nicht bloß Mitranys Bemerkung, dass "high-Politics" eifersüchtig vom Nationalpolitiker gehütet wird und deshalb für Integration nicht taugt. Der gegenwärtige Eifer, sicherheitspolitische Zusammenarbeiten auf den Weg zu bringen, zeugt vom Gegenteil. Der Vorteil von "low-Politics" ist, dass es hier um Politikfelder geht ,die typisch gesehen im wirtschaftlichen aber auch kulturellen Bereich liegen. Die Übertragung dieser Politikfelder auf internationale Organisationen bietet die Gelegenheit, diese Politikfelder zu entpolitisieren und zu funktionalisieren. Diese Möglichkeit, Probleme nicht nach Interessen von Nationen oder Gesellschaftsgruppen zu regeln, sondern nach funktionalen Prinzipien, aus dem Wesen der Materie heraus, ist der funktionalistische Weg zum Fortschritt und zur Konfliktbewältigung. Daß die EG gegenwärtig technokratisch, und damit halbpolitisch, die übertragenen Kompetenzbereiche regelt ist bedauerlich, aber internationale Organisationen, die auf einer funktionalistischen Zusammenarbeit beruhen, bergen die Möglichkeit in sich, sich zu entpolitisierten Wirtschafts- und Kulturvertretungen zu entwickeln durch die Kapitulation des Politischen auf funktionalen "low-politics" Politikfeldern.

2.3 Dreigliederischer Funktionalismus und die EG

Es muß klar gemacht werden, dass Dreigliederung - sprich völlige Entpolitisierung wirtschaftlicher und kultureller Politikfelder - wahrlich funktionalistisch ist.Im Fall der EU würde das bedeuten, dass der GASP- und ZJI- Zusammenarbeit seinen intergouvernementalen Charaker behalten muß, und nicht mit der EG einen "institutionellen Rahmen" bilden darf. Auch müssen sich Forderungen nach einer Demokratisierung, also Stärkung des Europaparlament zurückhalten: Die funktionalistische Arbeit auf ökonomischer Ebene soll möglichst keine politische Lösungen finden, sondern auf "sachlich dienende" Art und Weise gelöst werden.Im funktionalistischen statt politischen Lösungsansatz besteht die Chance für eine Dreigliederung des sozialen Organismus. Dreigliederung soll dazu beitragen, dass die Funktionalismustheorie Ansätze für ein funktionalistisches, entpolitisiertes Wirtschaftsleben findet, wo das Wirtschaftsleben sich selbst reguliert durch übernationale Organisationen, mit dem Ziel von Produktivitätssteigerung, Markterschließung, Durchlässigkeit der Wirtschaftsprozesse, Vernetzung, Preisstabilität, Arbeitslosigkeitsbekämpfung, soziale Ausgewogenheit etc.Ein solches assoziatives Wirtschaftsleben könnte die EG-Säule der EU verwirklichen. Vorbedingungen dafür sind vorhanden, nämlich vom nationalen Staatswesen abgetrennte, auf eine Organisation übertragene Wirtschaftskompetenzen, die von der Organisation selbst geregelt werden nach angegebenem Rechtsrahmen. Die technokratische Verwaltung dieser Organisation wirkt jedoch beklemmend auf fast alle EU-Bürger und die Forderungen nach Mitbestimmung werden zu Recht laut. Die Forderungen führen aber in die Irre, wenn demokratisch-judikative Kontrolle und Mitbestimmung gefordert werden und werden direkt in den Föderalismus führen. Es müssen funktionalistische und nicht demokratische Entscheidungsträger gefunden werden, wenn die Konzeption und das Fundament der europäischen Integration berücksichtigt werden soll. Die Zeichen der Zeit stehen auf gleichberechtigter Kooperation von Wirtschaft und Politik, Verbrauchern und Produzenten, Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Wenn solche Gruppierungen in die Arbeit der EG eingebunden werden, wird sich das technokratische Dilemma von selbst lösen, und die Gesellschaft wird die funktionalen Früchte davon tragen. Die EG/EU verdankt ihr Entstehen der politischen Unlösbarkeit verschiedener traditioneller Politikfelder. Eine weitere Politisierung der EG/EU wird nur die funktionalen Funktionen der EG berauben.Für ein assoziatives Wirken sind schon einige Traditionen und Handlungsfelder vorhanden, während andere fehlen, und gewissen Leitlinien eines assoziativen Wirkens widersprechen.Vorhanden ist die Zuständigkeit, den Markt zu regulieren, z.B.: (Mindest-) Preise festzulegen, Freizügigkeit von Personen, Waren und Dienstleistungen, Standardisierung und Verhinderung unrechter Wettbewerbswidrigkeit und unerlaubte nationale Subventionen.Diese Zuständigkeitsbereiche machen das Wesen der EG aus. Nur führen gewisse Strategien der EG, um diese Ziele zu erreichen, ins Leere, wo eigentlich assoziative Lösungsansätze gefunden werden müssen:Technokratische und politische Lösungen ohne die Wirtschaft verhindern eine vernünftige Marktregulierung. Dafür steht wohl die Subventionspolitik als deutlichstes Beispiel. Auch bremst das prinzipielle Verbot von Preisabsprachen und Marktregulierung unter Produzenten eine eigenständige Wirtschaftsregulierung. Was unter Monopolbildung fällt, ist zu verurteilen, aber wenn Konsumenten (z.B. als gewählte Vertreter von Konsuminteressen) oder Arbeitnehmer (als breite Repräsentanten von Konsuminteressen) in Absprachen mit hineingezogen werden, verlieren die Absprachen den Charakter von horizontalen Monopolen und werden den Interessen der Gesellschaft entsprechen. Letztendlich passen die außereuropäischen Zollbarrieren nicht zu der konsequenten Verfolgung von Freihandelsinteressen die der EG zur Grunde liegen. Nicht der Freihandel, sondern die europäische Zollbarriere ist für die wirtschaftlichen Nachteile der Dritten Welt bei der Globalisierung verantwortlich.Was der EG fehlt, sind Beratungsgremien, in denen Wirtschaft und EU Bürger als wirtschaftliche bedürftige Bürger, als Arbeitnehmer und Konsumenten, bei der Gestaltung der Wirtschaft, genauer bei der Gestaltung des Marktangebots und der Preise mitverantwortlich werden.Um es profan auszudrücken, braucht die EU nicht eine Erweiterung des Parlaments, oder die Schaffung einer zweiten Kammer, sondern die EG braucht eine Wirtschaftskammer.Es ist wichtig, die Funktionsbereiche, und damit auch die EU-Säulen, auseinander zu halten.Wenn der EU-Überbau nicht verwirklicht wird, im Sinne des "einheitlichen institutionellen Rahmens", wird eine funktionalistische Weiterentwicklung möglich sein. Die Vorstellungen der Organisation und proeuropäischen Politiker von einem "Reformstau", werden sich dann in einem "spill-back" äußern, mit innovativem Lernen und Entwicklung von neuen Leitlinien. Das Ziel muß sein, diese Lernprozesse in dreigliederischem Sinne zu gestalten.

Anmerkungen

1 . Man sieht hier, wo die theoretischen Wurzeln Joschka Fischers liegen. Seinen Vorstoß mit der "Vision von der Finalität Europas", muß als Ideenbasis der Föderalistischen Schule bezeichnet werden. Die Tendenzen in europäischer Politik laufen auf diese Theorieschule zu, wegen der momentanen "Schwäche" des Funktionalismus, als Erklärungsmodell für internationale Konflikte: Es wird kritisiert, dass Kriege nicht nur wegen ungelöster sachlicher Probleme geführt werden, sondern im Moment aus ideologischen Gründen (Menschenrechte und Demokratie). Die Thesen von Huntington und der "Clash of Civilizations" lassen grüßen, und spiegeln sich in den außenpolitischen Ambitionen in der "Vision" Fischers, als Argument für ein föderales Europa.

2 . Ernst B. Haas: Beyond the Nation-State, Stanford 1964, S. 94ff

3 . J.S. Nye: Peace in Parts. Integration and conflict in regional organization, Boston 1971, S. 48f.

4 . Hier gibt es eine inhaltliche Übereinstimmung mit Rudolf Steiner: Ökonomisches Wachstum ist Globalisierung, sprich Überwindung von nationalen, ökonomischen Grenzen. Desweiteren werden Nationen nicht in Konflikt miteinander kommen, wenn ökonomische und kulturelle Macht nicht von Staaten benutzt werden. Damit schafft die Entpolitisierung von low politic Bereiche die Disziplin "Internationale Politik" tendenziell ab.

5 . Diese Definition von Integration stammt von Karl Deutsch

6 . Ernst B. Haas: Beyond the Nation-State, S. 47.

7 . Ebd., S. 8.

8 . Ebd., S. 20.

9 . Ebd., S. 34.

10 . Hier ist besonders die empirische Arbeit von Karl Deutsch zu nennen, ohne jedoch diese Arbeit besonders aussagekräftig einzustufen. Außerdem dürften die Ergebnisse für die Forschung mittlerweile veraltet sein.

11 . J.S. Nye: Peace in Parts, S. 54.

12 . Ebd. S. 52.

13 . Haas: Beyond the Nation-State, S. 35.

14 . Ebd., S. 48

15 . Mary Follet, und siehe Ernst B. Haas: Beyond the Nation-State, S. 111.

16 . Haas: Beyond the Nation-State, S. 94ff.

17 . Ebd., S. 94ff

18 . Hans-Joachim Seeler: Die Europäische Einigung und das Gleichgewicht der Mächte, Baden-Baden 1992, S. 22

19 . Ernest B. Haas: Turbulent Fields and the Theory of Regional Integration, in: International Organization, Bd. 30, 1976, S. 183f.

20 . Haas: Turbulent Fields, S. 184.

21 . Christian König (u.a.): Die Europäische Union. Der Vertrag von Maastricht, Tübingen 1995, S. 21.

22 . Ebd.: S. 29.

23 . Art. D Abs. 1 der Europäische Unions Vertrag.

24 . König: Die Europäische Union, S. 76.

25 . Ebd., S.77.