Hartz IV und seine Alternativen - Eine Replik I

01.02.2005

Ihren Beitrag "Hartz IV und seine Alternativen", (Quelle: Die Drei, 10/2004) den ich im Internet fand, lese ich nun schon zum wiederholten Male. Zum einen habe ich die "Kernpunkte" so gelesen wie Sie es beschreiben, zum anderen bin ich doch ein Befürworter einen bedingungslosen garantieren Grundeinkommens.

Gerade das garantierte Grundeinkommen (GG) nimmt die Arbeit aus dem Wirtschaftsleben heraus, so meine ich. Erst mit einem garantierten Grundeinkommen hat der Mensch ein Mittel bekommen sein Leben als Mensch zu definieren und nicht über Lohneinkommen oder über eine "Notlage" (Alter, Krankheit,..).

Ein staatliche Festschreibung der Stundenlöhne – so wie Sie es sich vorstellen - , dass jeder davon leben kann, bedeutet doch eine Festschreibung des Menschen als Arbeitskraft und zudem einen wesentlichen Eingriff in das Wirtschaftleben. So schreibt der Staat fest, was "Arbeit kostet" und die Wirtschaft muss dieses Einkommen dann erzielen. (Was ich mir als ehemaliger Gastwirt als eine Katastrophe für meinen Betrieb vorstelle – und mit mir wahrscheinlich noch einige andere kleine Unternehmer.) Festgeschriebene Stundenlöhne und Mindesteinkommen sind mir für kleine und mittelständige Unternehmen nicht vorstellbar. Bei Großkonzerne dagegen könnte dies schon ein Mittel sein, um Arbeiter abzusichern.

Doch wie kommen Sie zu dem Eindruck das es dem Mensch "dann ... möglich (ist), nicht mehr für sich, sondern für die anderen zu arbeiten." Im Artikel ist mir diese Schlussfolgerung unersichtlich.

Wenn der Mensch jedoch ein Grundeinkommen hat, dann kann er ohne Not mit den Unternehmern über einen Anteil an den Erträgen der gemeinsamen Leistung verhandeln.

Dass er das tun wird glauben sie ja auch, da sie die Arbeitswut der Künstler kennen, die ohne das Wissen über eine Geldleistung ihre Arbeit erbringen. Mit einem garantierten Grundeinkommen kann auch jeder andere diese Wut erbringen ohne das er dazu erzogen werden muß, sondern allein dadurch, dass ein garantiertes Grundeinkommen den Menschen dazu befähigt seine Bedürfnisse und Fähigkeiten ernst zu nehmen und individuell zu erfahren.

Ihre weitergehenden Schlüsse sind deshalb ja nicht falsch, sondern ebenfalls zu verwirklichen: Beschränkung des Einkommens der Managementebene auf eine Leistungsvergütung (kein leistungsloses Einkommen durch Kapitalverzinsung etc.).

Ich halte das garantierte Grundeinkommen nicht nur für eine Alternative für Hartz IV (wenn man denn für diese "Reform" überhaupt eine Alternative braucht, und sie nicht einfach als Sozialabbau brandmarkt und ablehnt). Eine Alternative für eine Sozialsystem basierend auf Erwerbsarbeit halte ich für dringend nötig. Nicht nur die neoliberale Verschlechterung der Sozialsysteme fordern dies heraus, sonder auch die tatsächlichen Veränderungen im Wirtschaftleben: die Technisierung, einhergehend mit Liberalisierung der Wirtschaft und dem erstarkten Selbstbewusstsein der Menschen, dass es mehr geben muss als nur für den Profit anderer zu arbeiten, machen eine Alternative nötig.

Hier ergibt sich ein Bild einer Gesellschaft, die weit über eine Lohn-Erwerbsarbeit hinaus geht. Der Mensch hat mehr Bedürfnisse, Erfahrungen und Geistigkeiten, die nicht nur als Freizeitverhalten bezeichnet werden können, sondern neben dem Wirtschaftsleben berechtigt stehen. Dreigliederern muss ich das ja nicht sagen! Aber als Lohnarbeiter, bzw. Familienmitglied eines Lohnarbeiters, oder eine werdendem oder gewesenen Lohnarbeiters ist mir mein Leben nun wirklich zu eingeengt gesehen.

Ich halte es geradezu für eine gesellschaftliche Notwendigkeit, dass der Staat den Menschen ein garantiertes Grundeinkommen ausbezahlt. Ich sehe hier den Staat nur als eine Verwaltungsinstanz, die letztlich nur die Überweisung tätigt und dadurch dem Menschen das Grundrecht auf Existenz ermöglicht. "Der Staat" muss dies nicht für uns durchsetzen, sondern wenn eine genügend große Anzahl von Menschen davon überzeugt ist, wird das garantierte Grundeinkommen kommen, das ja letztlich von den Tätigen des Wirtschaftslebens erwirtschaftet werden muss – ganz im Sinne einer bedürfnisorientierten Wirtschaft.

Kurz zusammengefasst erkenne ich in ihrem Beitrag einen prinzipientreuen Dreigliederer, der in einem veralteten Staats- und Wirtschaftsdenken verhaftet ist, und diese Denkstrukturen nicht verlassen will. (Das für die "Fehleinschätzung" und das "leider" in Ihrem Beitrag).

Alternativen wie das garantierte Grundeinkommen aber benötigen das Denken und Fühlen außerhalb der Lohnarbeitsstrukturen. Es sind immerhin 50 Millionen Menschen, die nicht arbeiten um ein Einkommen zu erzielen. Diese Zahl deutet zum einen doch darauf hin in welchen enormen Ausmaß das Wirtschaftsleben dazu beiträgt eine Gesellschaft zu erhalten. (Dieser "Verdienst" muss nur neu gedacht und den Menschen gemäß verteilt werden). Zum anderen wird doch niemand behaupten wollen, dass diese Menschen nicht anderes zu tun haben als Punkt in der Erwerbstätigen- bzw. Arbeitslosenstatistik zu erscheinen. Ein garantiertes Grundeinkommen bringt meiner Meinung nach das Potential für die Mehrheit der Menschen Freiheit, Würde und Individualität zu gewährleisten.