Todesstrafe als Ersatz für magischen Schutz der Mysterien

Quelle: GA 266a, S. 014-015, 1. Ausgabe 1995, 1928

Carl Unger:

Die Mysterienstätten selber waren gegen das Eindringen Unbefugter durch magische Mittel geschützt. Wer unbefugt eindrang, oder auch wer sich nicht bewährte, ging zugrunde. Andeutungen über diesen Schutz der heiligen Stätten finden wir bis ins Alte Testament herein: das Allerheiligste darf niemand außer dem Hohepriester selbst betreten, jeder Ungeweihte, der sich ihm nähert, erleidet den Tod. - Gewiß, ich weiß, daß es dafür bis in alle Einzelheiten hinein materialistische Ausdeutungen gibt; sie zeigen nur, daß, wer solche macht oder glaubt, nichts von den Dingen, um die es sich dabei handelt, versteht, noch weiß.

Dann folgte die griechische Zeit, in der besonders lebendig die Erinnerung an die Atlantis das Mysterienwesen durchdrang. Sie hatte eine «geheime Esoterik». Sie gestaltete nicht mehr unmittelbar bis ins Physisch-Leibliche herein, sondern sie wurde mittelbar über das seelische Erleben im erwachenden Bewußtsein wirksam. Sie entfachte Enthusiasmus, die Kräfte der Begeisterung, «das Erfülitsein von dem Gotte», und entfaltete durch die Kunst Geist-zeugende Kräfte im Menschenleben.

In demselben Maße, in dem man die Kraft verlor, die Mysterien durch Magie zu schützen, wurde die Geheimhaltung der Esoterik eingesetzt und unter Eiden und Drohungen zu erreichen gesucht. Wer die Mysterien verriet, wurde verfolgt und mit dem Tode bestraft.

Wir haben in der Gegenwart noch Spuren der geheimen Esoterik in den verschiedenen Geheimgesellschaften; sie pflegen in Formen und Ritualien, die sie sich bemühen, streng geheimzuhalten, die Überreste alter Zeit. Auch da wird Verrat geahndet.