Zeitgeist lehnt Blut und Sprache ab

Quelle: GA 233a, S. 095-096, 5. Ausgabe 1991, 13.01.1924, Dornach

Und so ist es bei Michael, daß er eine strenge Abweisung für alles das hat, was auch zum Beispiel das Trennende der menschlichen Sprachen ist. Solange man seine Erkenntnisse in die Sprache nur einhüllt, sie nicht hinaufträgt in den Gedanken, so lange kommt man nicht in die Nähe des Michael. Daher besteht auch heute in der geistigen Welt im Grunde genommen ein vielbedeutsamer Kampf. Denn auf der einen Seite ist eben hereingetreten in die Menschheitsentwickelung der Michael-Impuls: er ist da; aber auf der anderen Seite ist innerhalb der Menschheitsentwickelung vieles, was diesen Michael-Impuls eben nicht aufnehmen will, was diesen Michael-Impuls zurückweisen will. Und zu dem, was diesen Michael-Impuls zurückweisen will, gehören zum Beispiel heute die Nationalitätsempfindungen. Sie loderten auf im 19. Jahrhundert, wurden stark im 20. Jahrhundert immer mehr und mehr. Nach dem Nationalitätsprinzip ist in der letzten Zeit viel, man kann nicht sagen, geordnet, sondern geunordnet worden. Es ist eben wirklich geunordnet worden. Das alles widerstrebt im furchtbarsten Sinne dem Michael-Prinzip. Das alles enthält ahrimanische Kräfte, die entgegenstreben dem Hereinwirken, dem Hereinimpulsieren der Michael-Kräfte in das Erdenleben des Menschen. Und so schaut man denn heute diesen Kampf von nach oben anstürmenden ahrimanischen Geistern, die das nach oben tragen möchten, was aus den vererbten Nationalitätsimpulsen herauskommt und was Michael streng abweist, zurückweist.

Es ist in der Tat heute nach dieser Richtung hin der lebhafteste Geisteskampf vorhanden, weil über einen großen Teil der Menschheit das ja ausgegossen ist, daß nicht Gedanken vorhanden sind, sondern daß die Menschen in Worten denken. So aber in Worten denken ist kein Weg zu Michael. Zu Michael kommt man nur, wenn man durch die Worte hindurch zu wahren inneren Geist-Erlebnissen kommt, wenn man nicht an den Worten hängt, sondern zu wahren inneren Geist-Erlebnissen kommt. Das ist ja in der Tat das Geheimnis der modernen Einweihung: über die Worte hinauszukommen zum Erleben des Geistigen. Das ist nichts, was gegen die Empfindung der Schönheit der Sprache verstößt. Denn gerade dann, wenn man nicht mehr in der Sprache denkt, dann fängt man an, die Sprache zu empfinden und als Empfindungselement in sich und von sich strömen zu haben. Aber das ist etwas, was von dem Menschen heute erst angestrebt werden muß.