Klasse überspringen als Strafe für schwierigen Schüler

Quelle: GA 303, S. 152, 4. Ausgabe 1987, 30.12.1921, Dornach

Diese Dinge können alle diskutiert werden und müssen diskutiert werden, wenn man es mit Lehr- und Erziehungskunst seriös meint. Und deshalb war ich einmal in einem besonderen Fall, der natürlich wie etwas Greuliches von mancher Seite beurteilt werden wird. Es wurde mir erzählt, als ich eben wiederum einmal in der Schule war, daß ein Junge einer Klasse absolut nicht zurechtzubringen sei, alle möglichen Schlechtigkeiten verübt hatte, und die Lehrerschaft der Klasse wußte nichts mit ihm anzufangen. Ich ließ mir den Jungen kommen und wollte sehen, wie es eigentlich mit dem Jungen steht. Sie werden zugeben, in vielen Schulen gäbe es tüchtige Prügel in einem solchen Fall oder vielleicht gelindere Strafen oder so etwas dergleichen. Nun, ich prüfte den Jungen ganz genau, und das Ergebnis meiner Prüfung war dieses, daß ich ihn aus der einen Klasse, in der er war, in die nächsthöhere hinaufversetzte; das war seine Strafe. Nun, ich habe seither nicht klagen hören. Sein Lehrer bestätigt, daß er jetzt sogar ein Musterjunge ist. Es ist ja wohl jetzt alles in Ordnung und darauf kommt es doch eigentlich an.

Sie sehen, es kommt auf das richtige Hineinschauen in das kindliche Gemüt und auf die ganze kindliche Natur an. Es war einfach kein Kontakt zu bekommen zwischen diesem Jungen und der entsprechenden Lehrkraft, und da der Junge durch seine Intelligenz zuließ, ihn in die nächste Klasse hinaufzusetzen, eine Parallelklasse war nicht da, so mußte man gerade dieses tun. Man hätte ihn gründlich verdorben, wenn man ihn in die nächstniedere Klasse hinunter versetzt hätte.