Parteimenschen können nicht anders als Dreigliederung umzudeuten

Quelle: GA 024, S. 123-124, 2. Ausgabe 1982, 12.1919

Die Grundforderung für die Wirksamkeit der Dreigliederungsidee muß daher die Sorge dafür sein, daß bei möglichst vielen Menschen die Einsicht erwachse, wie nur ein Durchgreifendes gegenwärtig helfen könne. Viel zu viele Menschen haben bisher ihre Urteilsfähigkeit über öffentliche Verhältnisse nur aus den engsten Lebenskreisen heraus gebildet. Gerade diejenigen, die im Großbetriebe unseres Wirtschaftslebens drinnen stehen, sind in dieser Lage. Sie schreiben sich Urteilsmöglichkeit über umfassende Verhältnisse zu; und sie kennen nur dasjenige, was sich ihnen aus ihrem engen Lebenskreise heraus ergeben hat.

Die Aufklärung über die Zusammenhänge des öffentlichen Lebens, die heute in so geringem Maße vorhanden ist, muß gefördert werden. Die Dreigliederungsidee wird um so weniger Widerstände finden, je mehr Menschen wissen werden, wie die Kräfte des öffentlichen Lebens bisher wirksam waren und wie sie zur gegenwärtigen Katastrophe führen mußten. Alles, was zur Verbreitung einer nach dieser Richtung gehenden Einsicht führen kann, bereitet den Boden für die praktische Wirksamkeit der Dreigliederungsidee vor.

Man sollte sich deshalb wenig versprechen von Auseinandersetzungen mit den Angehörigen dieser oder jener Partei, die zumeist, solange sie in der Partei stehen bleiben wollen, doch jeden Gedanken eines Trägers des Dreigliederungsimpulses in ihrem Sinne umdeuten möchten. Man sollte, sobald man die Fruchtbarkeit dieses Impulses eingesehen hat, für dessen Verständnis in weitesten Kreisen sorgen. Denn nicht mit denen, welche die Dreigliederung nicht wollen, läßt sich etwas anfangen, sondern allein mit denen, die von ihr durchdrungen sind. Mit ihnen allein läßt sich auch nur über Einzelheiten des öffentlichen Lebens sprechen. Man sollte sich doch klar sein, daß mit Erzberger nicht über die Heilung des öffentlichen Lebens zu reden ist, solange Erzberger - Erzberger ist.

Ich schreibe dieses nieder, weil ich sehe, daß in dieser Richtung nicht jeder, der von der Dreigliederungsidee etwas hält, im rechten Fahrwasser segelt. Die Idee von der Dreigliederung ist eben eine solche, der man ganz dienen muß, wenn man ihr überhaupt dienen will. Sie macht möglich, mit jedem sich auseinanderzusetzen; aber die Auseinandersetzung darf nichts von dem Durchgreifenden der Idee aufgeben. Man wird in diesem Sinne handeln, wenn man einsieht, welches die wirklichen Gründe des Niederganges sind. Aus dieser Einsicht muß der Mut zum Durchgreifenden kommen. Denn die herrschende Ratlosigkeit ist doch nur die Folge der mangelnden Einsicht.