Ehrliche Demokratie sondert Geistes- und Wirtschaftsleben aus

Quelle: GA 330, S. 409, 2. Ausgabe 1983, 30.07.1919, Stuttgart

Nehmen Sie einmal die Grundlage der Dreigliederung des sozialen Organismus. Nicht wahr, man kann sie in der verschiedensten Weise legen, diese Grundlagen, weil das Leben viele Grundlagen braucht. Aber eine ist diese, daß man weiß: in der neueren Zeit ist das heraufgezogen, was man nennen könnte den Impuls der Demokratie. Die Demokratie muß darin bestehen, daß jeder mündig gewordene Mensch sein Rechtsverhältnis mittelbar oder unmittelbar gegenüber jedem anderen mündig gewordenen Menschen in demokratischen Parlamenten festsetzen kann. Aber gerade wenn man ehrlich und aufrichtig diese Demokratie in die Welt setzen will, dann kann man die geistigen Angelegenheiten nicht im Sinne dieser Demokratie verwalten, denn da würde entscheiden müssen jeder mündig gewordene Mensch über das, was er nicht versteht. Die geistigen Angelegenheiten müssen aus dem Verständnis heraus geregelt werden, das heißt auf sich selbst gestellt werden, sie können also überhaupt nicht in einem demokratischen Parlament verwaltet werden, sondern sie müssen ihre eigene Verwaltung haben, die nicht demokratisch sein kann, sondern die aus der Sache heraus sein muß. Ebenso ist es im Wirtschaftsleben. Da muß aus der wirtschaftlichen Erfahrung und dem Drinnenleben im Wirtschaftsleben die Sache verwaltet werden. Daher muß ausgeschieden werden aus dem demokratischen Parlament das Wirtschaftsleben auf der einen Seite, das Geistesleben auf der anderen Seite.