Branche aber auch Konsum und Produktion assoziieren

Quelle: GA 330, S. 037-038, 2. Ausgabe 1983, 22.04.1919, Stuttgart

Dieses Wirtschaftsleben selber, es muß aufgebaut werden auf den rein wirtschaftlichen Kräften, auf Assoziationen, die zum Teil aus den Berufsständen heraus sich bilden werden, aber namentlich aus der Harmonie von Konsumtion und Produktion.

[...] Sehen Sie, ein gesundes Wirtschaftsleben kann sich nur ergeben, wenn die Konsumtionsverhältnisse als das Ausschlaggebende betrachtet werden, nicht die Produktionsverhältnisse. Nun darf ich vielleicht etwas anführen, was als Versuch einmal unternommen worden ist, was nur deshalb nicht gelungen ist, weil eben innerhalb der ganzen alten Wirtschaftsordnung solch ein einzelner Versuch scheitern muß. Er kann erst gelingen, wenn in radikaler Weise die Wirtschaftsordnung emanzipiert ist von dem anderen Leben. In einer Gesellschaft, die ja die meisten von Ihnen nicht sehr lieben, weil sie viel verleumdet worden ist, versuchten wir, bevor die Kriegskatastrophe herankam, auf einem kleinen Gebiete, auf dem Gebiete der Brotproduktion, einiges von dem zu bewerkstelligen, was ausgebaut, natürlich unermeßlich ausgebaut, Wirtschaftsordnung der Zukunft werden muß. Wir waren eine Gesellschaft, wir konnten Konsumenten für Brot zur Verfügung stellen. Die Konsumenten waren zuerst da, und es handelte sich darum, daß nach dem Bedarf der Konsumtion produziert wurde. Aus verschiedenen Gründen ist die Sache gescheitert, besonders aber während der Kriegskatastrophe, wo solche Dinge nicht möglich waren. Nehmen Sie aber ein anderes Beispiel, das Ihnen vielleicht sonderbar erscheinen wird, weil es gegenüber dem «Idealismus» der heutigen Zeit in ungerechtfertigter Weise für viele - die Idealisten des Materialismus sind ja sonderbare Leute - das Geistesleben mit dem Wirtschaftsleben verquickt. In derselben Gesellschaft, die, wie gesagt, viele von Ihnen nicht lieben werden, versuchte ich auch immer das wirtschaftliche Element der geistigen Produktion auf eine gesunde Basis zu stellen. Bedenken Sie nur einmal, auf welcher ungesunden Basis, wirtschaftlich gedacht, die heutige geistige Produktion vielfach steht. Sie ist in dieser Beziehung wahrhaftig mustergültig für das, was auch auf den breitesten Gebieten unseres Wirtschaftslebens nicht herrschen sollte. Der oder jener - nun, wer ist denn heute nicht Schriftsteller? - schreibt ein Buch oder Bücher. Solch ein Buch wird in der Auflage von tausend Exemplaren gedruckt. Nun gibt es heute wahrhaftig recht viele Bücher, die in solcher Auflage gedruckt werden, von denen aber etwa fünfzig verkauft werden, die anderen werden makuliert. Was ist da eigentlich geschehen, wenn 950 Bücher makuliert werden? Da haben soundso viele Setzer, soundso viele Buchbinder unproduktiv gearbeitet, es wurde Arbeit geleistet, zu der nicht das geringste Bedürfnis vorlag. Das geschieht auf dem geistigen Gebiet in bezug auf das Wirtschaftsleben, in bezug auf das Materielle. Ich glaubte, daß das Gesunde dieses sei: daß selbstverständlich zuerst die Bedürfnisse geschaffen werden müssen. Und innerhalb dieser Gesellschaft, die mit Recht oder mit Unrecht viele von Ihnen nicht lieben, ist die Notwendigkeit eingetreten, eine solche Buchhandlung zu begründen, wo ein Buch nur dann erscheint, wenn man sicher ist, daß es Abnehmer findet, wo nur so viel Exemplare produziert werden, als Bedürfnis da ist, so daß nicht menschliche Arbeit von Setzern und Buchbindern in das Nichts zersplittert wird, sondern wo das, was geschaffen wird, den menschlichen Bedürfnissen, die man meinetwillen unrecht finden mag, angepaßt ist. Und das ist es, was zu geschehen hat, daß die Produktion den Bedürfnissen angepaßt werden muß. Das kann aber nur geschehen, wenn auf Grundlage von Assoziationen in der geschilderten Art das Wirtschaftsleben aufgebaut wird.

Zusätzliches Zitat bei Boos in seiner Zusammenstellung «Die Assoziationen der Wirtschaft»

Ich habe (in bezug auf die Bücher-Produktion) damit begonnen, die Konsumenten zu schaffen. Auch mit den «Kernpunkten» werden wir ein Absatzgebiet bereit haben. Nach meinen Vorträgen verlangen die Leute jetzt die Broschüre. Wenn von «Reklame» gesprochen wird, so handelt es sich nicht um eine gewöhnliche Reklame. Man rechnet zuerst mit den Bedürfnissen. Auch für das Geistige muß man rein wirtschatlich denken können. Die Bedürfnisse dürfen nicht dogmatisiert werden: «Dieses oder jenes Geistige ist unberechtigt!» Das muß der geistigen Organisation überlassen werden. [...] Die Reklame darf erst dann einsetzen, wenn der Konsum gesichert ist. Man macht dann die Leute nur darauf aufmerksam [...]