Das Freigeld führt anders als die Dreigliederung nicht zu einer absoluten Währung

Quelle: GA 329, S. 138-140, 1. Ausgabe 1985, 02.04.1919, Basel

Herr Studer weist auf die Ideen von Freigeld und Freiland hin, welche die Befreiung des Wirtschaftslebens ermöglichen sollen.

Da ist von seiten des verehrten zweiten Diskussionsredners das Wort «Freiland, Freigeld» gefallen. Sehen Sie, damit ist etwas angedeutet worden, mit dem es einem so geht wie mit sehr vielem in der Gegenwart, wenn man gerade auf solchen Wegen, wie ich sagte, auf Wirklichkeitswegen, der sozialen Frage sich nähern möchte, wie es in meinen Darlegungen versucht worden ist.

Ich bin bei solchen Gelegenheiten sehr häufig in der Situation gewesen, sagen zu müssen: Ich bin ja mit Ihnen vollständig einverstanden; der andere sagt es nur gewöhnlich, oder wenigstens sehr häufig nicht zu mir! Die Sache ist nämlich so: Wenn ich glauben würde, daß meine Ideen so einfach aus der Luft irgendwoher geholt seien, dann würde ich Sie nicht langweilen damit, dann würde ich glauben, daß sie längst nicht reif geworden sind. Das gerade ist es, was ich glaube, daß Wesentliches den Ihnen heute vorgetragenen Ideen anhaftet. Die Materie, die Bausteine dazu finden Sie überall. Ich habe den Vortrag ähnlich neulich in Bern drüben gehalten. Ein Herr kam dazumal, nicht nur in der Diskussion, sondern am nächsten Tag zu einer Unterredung zu mir, sprach auch über «Freiland, Freigeld». Wir konnten uns allerdings nach einer Stunde darüber verständigen, daß ja dasjenige, was eigentlich gewollt wird in der Regulierung der Währungsfrage, in der Herstellung einer absoluten Währung, einfach dann erreicht wird, wenn sachgemäß - allerdings sachgemäß - diese Dreiteilung durchgeführt wird, von der ich Ihnen heute gesprochen habe, wenn einfach die Verwaltung der Werte, die Verwaltung des Geldes weggenommen wird vom politischen Staate und in das Wirtschaftsleben hineinversetzt wird. Wie gesagt, ich werde in meinem Buche «Die Kernpunkte der sozialen Frage in den Lebensnotwendigkeiten der Gegenwart und Zukunft» zeigen, daß dann die Grundlage der Währung eine ganz andere sein wird als dasjenige, was sie heute ist, außerdem international wird. So lange natürlich der führende Staat, England, an der Goldwährung festhält, wird außenpolitisch die Goldwährung gelten müssen; aber im Innern werden diejenigen das Gold im sozialen Organismus nicht mehr brauchen, die nun wirklich die eine wahre Währung haben; die einzig wirkliche wahre besteht nämlich in den Produktionsmitteln, die dann da sein werden, um Währung zu sein für das Geld. Das Geld verkennt man eben heute vollständig. Geld begreift man nur dann, wenn man es fassen kann als den vollen Gegensatz zu der alten Naturalwirtschaft.

Was ist eigentlich für den heutigen sozialen Organismus das Geld? Es ist das Mittel, um gemeinsame Wirtschaft zu führen. Stellen Sie sich nur einmal die ganze Funktion des Geldes vor. Sie besteht darinnen, daß ich einfach für dasjenige, was ich selber arbeite, Anweisung habe auf irgend etwas anderes, was ein anderer arbeitet. Und sobald Geld etwas anderes ist als diese Anweisung, ist es unberechtigt im sozialen Organismus.

Ich könnte, um das zu bestätigen, lange Ausführungen machen; ich will das aber nur kurz anführen: das muß das Geld werden! Es wird es werden, wenn alle übrigen Machinationen aufhören werden, die in die Zirkulation des Geldes hineinspielen. Denn lediglich das Geld ist der gemeinsame Index, der zu dem gemeinsamen Vergleich für die gegenseitigen Werte der Waren da ist. Das ist dasjenige, was auch durch die Art dieser Dreiteilung erreicht werden kann, und was partiell, einzeln angestrebt wird von der Freiland-Freigeld-Bewegung; deshalb habe ich in einem solchen Falle gesagt: Ich bin ganz mit dieser Bewegung einverstanden - weil ich immer versuche, die einzelnen Bewegungen in ihrer Berechtigung einzusehen, und ich möchte sie in einen gemeinsamen großen Strom leiten, weil ich eben nicht glaube, daß ein Mensch, oder selbst eine Gruppe von Menschen das Richtige finden kann, sondern weil ich demokratisch glaube, daß die Menschen zusammen in der Wirklichkeit, im Zusammenwirken, allein richtig organisiert, erst das Rechte finden werden.