Ständeordnung als Unwissenheit, Gewalt und Ungerechtigkeit

Quelle: GA 329, S. 108, 1. Ausgabe 1985, 19.03.1919, Winterthur

Es ist mir öfter gerade von Professoren erwidert worden, ich wolle die Menschheit in drei Klassen teilen. Das Gegenteil will ich! Früher wurde geteilt in Nährstand, Lehrstand und Wehrstand. Aber der heutige Lehrstand lehrt nichts. Der Nährstand ist nichts weiteres als ein Gewaltstand, und der Wehrstand, dem wird ja die Aufgabe gestellt, dasjenige den Besitzlosen zu sagen, was die Besitzenden wollen! Ja, sehen Sie, das ist dasjenige, was gerade überwunden werden soll: die Stände, die Klassen sollen überwunden werden gerade dadurch, daß man den Organismus als solchen, abgesondert vom Menschen gliedert. Der Mensch ist ja das Vereinigende. Er wird auf der einen Seite im Wirtschaftsorganismus drinnen stehen, und kann ebenso, indem er im Wirtschaftsorganismus drinnen steht, Mitglied der Vertretung des politischen Staates sein; er kann auch dem Geistesleben angehören. Dadurch ist die Einheit geschaffen. Ich will gerade den Menschen dadurch befreien, daß ich den sozialen Organismus in drei Teile gliedere.