Privatrecht und Strafrecht gehören zum Geistesleben

Quelle: GA 188, S. 166, 2. Ausgabe 1967, 24.01.1919, Dornach

Aber heute gießt man in dasjenige, was nur die gesetzliche Regulierung des Daseienden übernehmen soll, alle möglichen Wirtschaftsunternehmungen hinein und auch sogar die Unternehmungen des geistigen Lebens. Man wird heute sogar als ziemlich verdreht angesehen, wenn man das einzig Elementare, fundamental Richtige auf diesem Gebiete klarlegt. Nun, die radikalen Parteien, so weit gehen sie noch: Trennung von Kirche und Staat, darauf lassen sie sich noch ein. Diesen Teil des geistigen Lebens, die Kirche, wollen sie unter Umständen vom Staate trennen, weil sie dann hoffen, daß die Menschen ja doch nur Interesse für das Staatliche haben. Dann wird die Kirche auf diese Weise, auf einem klugen Umwege, ganz absterben. Aber wenn man denselben Leuten zumuten würde, was notwendig ist: daß vor allen Dingen die Schule auf sich selbst gestellt wird, damit das geistige Leben seiner Produktivität zurückgegeben wird, dann würden sie sehr entschieden widersprechen. Jede Einrichtung, die von der Regulierung aus in das geistige Leben eingreift, muß aber notwendig zur Unfruchtbarkeit, zur Sterilität führen. Und ebenso muß es für jene Initiative falsch sein, welche zum wirtschaftlichen Leben notwendig ist, wenn das bloße Regulierungsleben da eingreift. Polizei, Sicherheitsdienst, alles das, was das gesellschaftliche Recht ist - nicht das Privatrecht und nicht das Strafrecht, das gehört zum dritten Gliede, zum geistigen Leben -, gehört zum Regulierungssystem. Alles das, was Wirtschaftssystem ist, ist ein System für sich, das muß eine korporative Gliederung haben, halbpersönlich. Und alles, was geistiges Leben ist, muß auf die menschliche Individualität gestellt werden und kann nie und nimmer gedeihen, wenn es nicht auf die menschliche Individualität gestellt wird.