Karma nicht auf Bestrafung und Belohnung reduzieren

Quelle: GA 096, S. 105, 2. Ausgabe 1989, 15.10.1906, Berlin

Wir werden heute über Karma und Einzelheiten der karmischen Gesetzmäßigkeit sprechen. Sie wissen, daß man unter Karma das große Gesetz von Ursache und Wirkung im geistigen Leben versteht und daß dieses Karmagesetz für die Geisteswissenschaft zunächst insofern in Betracht kommt, als es auf die wiederholten Erdenleben angewendet wird. Wir sprechen von Reinkarnation und Karma als von zwei zusammengehörigen Dingen. Nun wird dieses Karmagesetz, wie Sie wohl wissen, vielfach ein wenig äußerlich aufgefaßt, so als ob es sich lediglich um eine Art Belohnung und Bestrafung handeln würde, die sich von einer Inkarnation in die andere hinzieht, so daß der Mensch, wenn ihm irgend etwas Böses oder Schlimmes in diesem Leben widerfährt, sich unbedingt sagen müßte: Dies habe ich wegen irgendeiner Verschuldung im vorhergehenden Leben verdient. Oder: Wenn ich dies oder jenes tue, wird mir im nächsten Leben der entsprechende Lohn oder die entsprechende Strafe zuteil werden.

So einfach liegt die Sache aber nicht. Wer dieses Gesetz von Karma verstehen will, muß sich schon tiefer auf die Natur des Menschen und auf seine ganze Wesenheit einlassen.