Einheitsstaat begünstigt Ahriman auch wenn demokratisch

Quelle: GA 191, S. 212-213, 2. Ausgabe 1983, 02.11.1919, Dornach

Die ahrimanische Inkarnation wird dann ganz besonders gefördert werden, wenn man es ablehnt, ein selbständiges freies Geistesleben zu begründen, und das Geistesleben weiter drinnenstecken läßt in dem Wirtschaftskreislauf oder in dem Staatsleben. Denn diejenige Macht, welche das weitaus größte Interesse hat an einer solchen weiteren Verquickung des Geisteslebens mit dem Wirtschaftsleben und mit dem Rechtsleben, das ist eben die ahrimanische Macht. Die ahrimanische Macht wird das freie Geistesleben wie eine Art von Finsternis empfinden. Und das Interesse der Menschen an diesem freien Geistesleben wird diese ahrimanische Macht empfinden wie ein sie brennendes Feuer, ein seelisches Feuer, aber ein sie stark brennendes Feuer. Daher obliegt es geradezu dem Menschen, um die richtige Stellung, das richtige Verhältnis zur ahrimanischen Inkarnation in der nächsten Zukunft zu finden, dieses freie Geistesleben zu begründen. Aber es ist heute noch eine starke Neigung vorhanden, gerade die Tatsachen, von denen gestern gesprochen worden ist, zu verhüllen. Die weitaus größte Menge der Menschen verhüllt diese Dinge, weil sie einfach nicht hinschauen will auf das Wahre, auf das in den Dingen Wirkliche, weil sie sich täuschen lassen will durch Worte, die abseits hegen von den Wirklichkeiten. Manchmal ist dieses Streben, nur ja nicht heranzukommen an die Wirklichkeiten, ein sogenanntes ehrliches, ein gut gemeintes.

Beachten Sie nur einmal so etwas wie den jetzt veröffentlichten Brief von Romain Rolland, in welchem Romain Rolland ausspricht, wie man nicht mehr sich blenden lassen solle durch dasjenige, was früher auf seiten der heutigen siegenden Mächte gesagt worden ist von Gerechtigkeit, von der Vertretung des Rechtes und so weiter.

Er ist darauf gekommen, sich in solcher Weise auszusprechen, durch die Behandlung, welche Rußland erfährt von seiten der Ententemächte. Er sagt: Ganz gleichgültig, ob man es zu tun hat mit Königstümern, mit Republiken, dasjenige, was da gesprochen wird von Recht und Gerechtigkeit, ist ja doch nur eine Phrase, es handelt sich ja selbstverständlich doch nur um Macht.

Nun kann man sagen: Solch ein scheinbares Daraufkommen auf Wirklichkeiten wird sich doch immer wieder und wiederum bloß blenden lassen wollen; denn die Blendung ist bei Romain Rolland heute ebenso groß wie sie früher war; die Täuschung ist nicht geringer geworden. Die Täuschung würde erst dann geringer werden, wenn solche Menschen überhaupt über die Phrasen hinauskämen, wenn sie sehen würden, daß alles das nichts bedeutet, was sie in solcher Weise ersehnen, solange sie nicht wirklich begreifen, daß der alte Einheitsstaat als solcher, ganz gleichgültig welche Verfassung, welche Struktur er hat, ob er Demokratie oder Republik oder Monarchie oder irgend etwas ist, wenn er Einheitsstaat ist, wenn er nicht dreigeteilt ist, der Weg ist zur ahrimanischen Inkarnation.