Vogelgrippe: Regierung hat nichts dazu gelernt

25.04.2006

Der erste Fall von Vogelgrippe in Wildvögeln wurde vor kurzem auch in Großbritannien entdeckt bei einem toten Schwan in Schottland. Indem sie eine Politik unterstütze, die auf Vernichtung statt auf Impfen setze, zeige die Regierung, dass sie aus der letzten großen Gesundheitspanik im Tierreich, der Maul- und Klauenseuche, nichts gelernt hat. Diese Auffassung vertritt Bernard Jarman, der Geschäftsführer der Biodynamischen Vereinigung in Großbritannien ( BDAA). Er fordert ein grundsätzliches Umdenken im Umgang mit dem Ansteckungsrisiko und auch in der Tierhaltung, wenn die Probleme langfristig gelöst werden sollen.

STROUD (NNA). Allem Anschein nach gibt es eine auffallende Ähnlichkeit zwischen der gegenwärtigen Panik wegen der Vogelgrippe und derjenigen wegen der Maul- und Klauenseuche (MKS) vor fünf Jahren. Die britische Regierung hat daraus überhaupt nichts gelernt. Vernichten ist die bevorzugte Strategie in Großbritannien, während Holland und Frankreich es vorziehen zu impfen.

Allerdings gibt es einen bedeutsamen Unterschied zu MKS. Wir haben es hier mit einer Erkrankung zu tun, die durch wilde Vögel zu uns kommt. Das heißt, wenn sie tatsächlich angekommen ist, wird es keine Frage sein, dass man sie durch Vernichtung bekämpfen kann. Das muss anerkannt werden.

Die biologisch-dynamische Vereinigung in England (BDAA) unterstützt die Forderung des Elm Farm Research Centers an die Regierung, einen Vorrat an Impfstoff anzulegen, um unnötige Massenschlachtungen zu verhindern, die wahrscheinlich stattfinden werden. Impfungen können allerdings das Problem langfristig nicht lösen.

Die Ursachen für den neuerlichen Ausbruch der Vogelgrippe liegen unzweifelhaft in den unnatürlichen Agrarfabrikmethoden, die im Interesse von Effizienz und Profit angewandt werden. Wenn Tiere wie Maschinen behandelt werden ohne jeden Respekt für ihre Eigenart, ist es da ein Wunder, wenn sie sich in dieser Weise wehren?

Leider unterscheidet eine Seuche wie die Vogelgrippe nicht zwischen Geflügel, das die Folter der Käfighaltung erlitten hat und solchem, das ein zufriedenes Leben an der frischen Luft führt. Indem wir die Fabrikhaltung von Geflügel erlaubt haben, haben wir alle unseren Beitrag zu dieser Sackgasse geleistet. Jetzt können wir nicht mehr umkehren. Auf lange Sicht müssen wir Wege finden, um mit der Seuche umzugehen. Das heißt, Widerstandskräfte zu entwickeln und unser Geflügel in die Lage zu versetzen, Antikörper zu bilden.

Das Problem muss außerdem auch in Hinblick auf Aufzucht und Haltung angegangen werden. Es ist offensichtlich, dass ein starker freilaufender Geflügelnachwuchs, eine gesunde natürliche Fütterung und die allgemeine Verbesserung des Immunsystems der Vögel notwendig sind.

Wenn jemand meint, man könne einer Seuche wie der Vogelgrippe nur durch Vernichtung begegnen, macht er einen schweren Fehler. Es sieht so aus, als werde der Erreger durch die frei fliegenden Wildvögel weitertransportiert. Das heißt, man kann ihn nicht ausmerzen, indem man jeden Vogel, der auftaucht, umbringt. Umso weniger, indem man ganze Bestände ausrottet.

Im Fall einer Infektion von angenommen 1000 Vögeln würden wahrscheinlich 95 Prozent als unmittelbare Folge sterben. Etwa fünf Prozent würden überleben und Widerstandskräfte entwickeln. Wenn es gelingen würde, die Anti-Körper dieser 50 widerstandsfähigen Vögel an andere weiterzugeben, könnte die Vogelgrippe ihre verheerende Wirkung verlieren. Das müssen all diejenigen verstehen, die argumentieren, dass ein ganzer Bestand vernichtet werden müsse, wenn in der Nachbarschaft die Vogelgrippe ausbricht.

In Wirklichkeit ist die Ausrottung kein Ausweg. Die Tiere müssen Antikörper entwickeln und immun gegen die Seuche werden. Das können sie nur tun, wenn ihnen erlaubt wird, ein stressfreies und gesundes Leben zu leben und auf einer niedrigeren Ebene mit der Seuche in Kontakt zu kommen.

Vor allem muss das Problem verbunden mit den größeren Zusammenhängen der Geflügelzucht und -haltung gesehen werden. Starke, freilaufende Nachwuchsbestände, natürliche Fütterung, frische Luft und die liebevolle Fürsorge der verantwortlichen Halter werden dazu beitragen, die Grundlage für Gesundheit, Wohlbefinden und eine Stärkung des Immunsystems des Geflügels zu legen.

Quelle: NNA