Zehnter Grünlandtag in Baden-Württemberg

12.06.2002

Rund dreihundert interessierte Landwirte besuchten am 12. Juni den Demeter-Betrieb von Walter Schmidt in Obersontheim-Hausen. An fünf vorbereiteten Stationen konnten sich die Teilnehmer über spezielle Fragen der Grünlandwirtschaft in Bio-Betrieben informieren.

Die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung und Grünlandwirtschaft Aulendorf (LVVG) hat die zweijährigen Versuche auf dem Demeter-Hof begleitet. Walter Schmidt bewirtschaft mit seiner Familie 125 Hektar (ha) Fläche (85 ha Grünland, 40 ha Ackerbau). 1986 stellte er auf die Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise um. 85 Schwarz- und Rotbunte Milchkühe leben im Boxen-laufstall mit Weidegang.

Matthias Schmidt, der Sohn des Hofes und Landwirtschaftsmeister, hat im Frühjahr 2000 einen Versuch gestartet, um die Wirkung der Biologisch-Dynamischen Präparate auf Grünland zu erforschen. Dazu legte er zwei Varianten, mit und ohne Präparate, vierfach wiederholt in Parzellen mit jeweils 25 Quadratmeter, an.

Reiner Schmidt vom Beratungsdienst Ökologischer Landbau Ilshofen erklärte die Feldspritz- und Kompostpräparate, die seit dem landwirtschaftlichen Kurs von Rudolf Steiner (1924) auf Demeter-Betrieben hergestellt und angewendet werden. Sie bestehen aus Heilkräutern in Verbindung mit verschiedenen tierischen Hüllen. "Bei wissenschaftlichen Untersuchungen, die seit mehr als zwanzig Jahre laufen, konnte eine Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit, der Pflanzen- und Tiergesundheit und der Lebensmittelqualität festgestellt werden", berichtet der Öko-Berater.

Bei dem zweijährigen Präparate-Versuch konnte Frau Dr. Balzer-Graf vom Forschungsinstitut für Vitalqualität in Frick anhand von bildschaffenden Methoden Unterschiede in der Qualität feststellen. So definierte sie das Heu der Präparatevariante beim Blindversuch als vitaler gegenüber dem unbehandelten Heu. In der Biologisch-Dynamischen Wirtschaftsweise gehe es nicht um Maxierträge, sondern um die Qualität von Lebensmitteln und eine optimale Bodenpflege, fasste Reiner Schmidt die Ergebnisse zusammen.

Schon vor dem Nitrofen-Skandal war das Ziel der Ökolandwirte möglichst viel Futter selbst zu produzieren. Sie bauen Klee, Gras oder Klee-Gras-Mischungen im Wechsel mit Getreide an. Leguminosen wie Klee wirken zugleich positiv auf den Boden, indem sie zum Beispiel Stickstoff aus der Luft binden und an Bodenlebewesen und damit auch die Pflanzen abgeben. Außerdem regulieren Leguminosen Wildkräuter. Elf Beispiele für Klee-Gras-Mischungen stellte Wilhelm Wurth von der LVVG beim Grünlandtag vor. Hierbei war eindeutig zu erkennen, daß nicht jede Mischung für jeden Boden geeignet ist und der Landwirt seine Verhältnisse gut kennen muß, damit er die ideale Mischung einsetzt.

Der Energie- und Eiweißgehalt im Grünfutter beeinflusst den Milchertrag der Kühe: 60 Prozent Gras, 20 Prozent Kräuter und 20 Prozent Leguminosen wie Klee sind ideal. Nicht jede Wiese erreicht jedoch diese Werte. So können Nachsaaten mit konkurrenzstarken Arten, wie dem Deutschem Weidelgras, die Zusammensetzung der Wiese verbessern.

Ulrich Jaquart, Geschäftsführer des Beratungs-dienstes Ökologischer Landbau, stellte in Obersontheim Versuche mit elf verschiedenen Nachsaat-Mischungen vor. Er wies darauf hin, daß ein guter Bodenkontakt des Samens und eine gleichmäßige Wasserzufuhr während der Keimzeit unumgänglich seien. Gegen die Konkurrenz des vorhandenen Grünlandbestandes empfahl er, besonders für den biologischen Anbau, einen frühen ersten Schnitt und die Ansaat von Arten, die sich gegen konkurrierende durchsetzen, da chemische Unkrautvernichtungsmittel im Ökoanbau verboten sind. "Trotzdem braucht es bei einer Nachsaat sehr viel Geduld und Beobachtungsgabe", so die Erfahrungen des Agrarfachmanns.

Im Bio-Anbau sind rasch wirkende mineralische Düngemittel nicht erlaubt. Durch die Aussaat von Weißklee kann zwar die Stickstoffbilanz ausgeglichen, der Phosphatgehalt des Bodens jedoch im Laufe der Zeit zu niedrig werden. "Phosphat ist der am meisten endliche Stoff auf der Welt. Deshalb muß nachhaltig damit umgegangen werden", erklärt Dr. Martin Elsäßer von der LVVG anhand von Fotos eines Phosphorversuchs beim Demeter-Betrieb Martin Klopfer in Frankenhardt-Hohnhardt. Das Fazit des Wissenschaftlers: Höchsterträge gibt es dann, wenn verschiedene Phosphatdünger im Wechsel ausgebracht werden. Im biologischen Anbau heißt daß zum Beispiel Mistkompost, Stallmist und Jauche.

Grassilage als Grundfutter ist im Bio-Betrieb besonders wichtig, weil der Einsatz von Kraftfutter beschränkt und teuer ist. Dr. Hansjörg Nussbaum von der LVVG demonstrierte die Ergebnisse von acht verschiedenen, im ökologischen Anbau zugelassenen, Silierhilfsmitteln wie Milchsäure-, Essigsäure- oder Ameisensäurebakterien. Sie können die Silierbarkeit des Futters verbessern, in biologische Prozesse steuernd eingreifen oder Gärschädlinge unterdrücken. Die Versuche zeigten, dass bei optimalem Schnittzeitpunkt und Wachstumsbedingungen keine Zusätze nötig sind. Wird das Gras jedoch zu spät geschnitten oder falsch gelagert, kann der richtige Einsatz von Hilfsmitteln die Futterqualität verbessern.

Nachdem am Mittag in der Gemeindehalle von Oberfischach die vielen Teilnehmer verköstigt waren, befasste sich Dr. Erich M. Pötsch von der Abteilung Grünland der Bundesanstalt für alpenländische Landwirtschaft in Gumpenstein (Österreich) mit der Reduzierung eines der Hauptwildkräuter der Wiesen und Weiden, dem "Stumpfblättrigen Ampfer". Weltweit gibt es mehr als zweihundert Arten des Knöterichgewächses, daß bis zu 7.000 keimfähige Samen pro Pflanze und Jahr produziert und bis zu sechzig Jahre keimfähig bleibt.

Der Ampfer ist in der Landwirtschaft so unbeliebt, da er die Wiesen schnell überwuchert und einen sehr schlechten Futterwert hat. Besonders der hohe Oxalsäure- und Gerbstoffgehalt macht ihn als Futterpflanze unbrauchbar. Dr. Pötsch riet den Landwirten möglichst Lücken im Bestand zu vermeiden oder sofort nachzusäen, da der stumpfblättrige Ampfer Lichtkeimer ist. Bei Versuchen wurde festgestellt, daß Samen, die im Kuhmagen verdaut waren, bereits nach zwei bis drei Wochen im Mistkompost ihre Keimfähigkeit verlieren. Ohne Kompostierung bleiben sie auch nach dem Kuhmagen keimfähig. In der Jauche dauerte es rund elf Wochen, ohne Kuhbeteiligung im Kompost etwa vier Wochen.

Am Ende gab Dr. Erich M. Pötsch Tips zum integrierten Pflanzenschutz: eine optimale Grünlandpflege, Vermeidung von Düngefehlern und das ständige Beobachten der Bestände. Er stellte den "Ampferwiesel", den "Wuzi" und den "Thermodorn" vor, der durch Hitze die Wurzel teilweise zerstört. "Ein Patentrezept zur nachhaltigen Ampferbekämpfung gibt es jedoch nicht", resümierte der Wissenschaftler. Bei anschließenden Vorführungen wurden außer biologischen auch chemische Verfahren, zum Beispiel das gezielte Ausbringen von Herbiziden mit dem "Rotowiper", vorgeführt. Dies ist jedoch im biologischen Anbau nicht zulässig.

Quelle: NNA