Kleider machen Terroristen

24.04.2002

Fotos von einer Demonstration "Solidarität mit Palästina" in Berlin am 13.04.2002 sorgten für politischen Sprengstoff. Die Fotos hatten das gleiche Motiv: Ein Palästinenser mit einem kleinen, dunkelhaarigen Mädchen auf dem Arm, um dessen Bauch die Attrappe eines Sprengstoffgürtels gebunden war. Seitdem die Bilder bekannt wurden, suchten Polizei und Staatsanwaltschaft mit Hochdruck nach dem Palästinenser. Und endlich am 24.04.2002 wurde er, nach großem Erfolgsdruck, ermittelt.

Im Vorfeld hatte Bundesinnenminister Otto Schily strengste Konsequenzen für den Mann angedroht, und Berlins Innensenator Ehrhart Körting äußerte sich hoch empört: "Hier wurde offen für Mord geworben, ich will solche Leute nicht in der Stadt haben", sagte er.

Jetzt wirft die Staatsanwaltschaft dem Mann vor, mit seiner Tat die Sprengstoffattentate in Israel zu billigen. Für die öffentliche Billigung einer Straftat gibt es, laut Strafgesetzbuch, eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Die Präsentation mit Sprengstoffgürtel mag geschmacklos sein, aber ich, und hoffentlich die meisten Leute, haben darin keine Aufforderung zum Selbstmordanschlag, sondern eine Demonstration der verzweifelten Lage in Palästina im Allgemeinen, und der Kinder insbesondere, gesehen. Es wäre ein großer Eingriff in die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit, wenn die "künstlerische" Ausgestaltung der Demonstrationen von politischen Biedermännern kriminalisiert würden.

Wie man sich kleidet, und wie man politische Botschaften künstlerisch signalisiert, kann nicht verurteilt werden. Mann muß schon an den Übergriff der Justiz in Genua bei der Globalisierungsdemonstration denken, wo Demonstranten zur Last gelegt wurde, dass sie schwarz trugen, weil das angeblich die Zugehörigkeit zur gewaltbereiten Demonstrationsgruppe signalisierte. Ähnliche Justiz auch in Deutschland?