D14 und die andere Globalisierung

14.12.2001

Mehrere tausend Menschen sind am Freitag zum Auftakt des EU-Gipfels im Vorort Laeken in Brüssel auf die Straße gegangen. Auf Transparenten forderten sie ein Ende des Afghanistan-Krieges, die Einführung einer Steuer auf Finanzspekulationen und einen faireren Welthandel. Die Demonstranten kamen von einer Vielzahl von Organisationen, die schon 2001 angefangen hatten, sich unter dem Kürzel D14 europaweit zu organisieren. D14 stand für den 14. Dezember 2001, den Tag des Gipfels. Zu diesem Ein-Tages-Bündnis gehörten Gruppierungen wie Attac, Menschenrechtsligen, Dritte-Welt-Gruppen, Gewerkschafter und Kriegsgegner.

Wer die Vorbereitungen zu diesen Demonstrationen verfolgt hat, konnte merken, wie stark bei D14 das Bemühen um gemeinsame Forderungen war. Einig waren sich die beteiligten Organisationen darin, daß die Politik der Europäischen Union nicht sozial sondern an den Bedürfnissen des Kapitalismus orientiert ist, daß nicht von demokratischer aber repressiver Realität gesprochen werden kann, daß die Ausrichtung der EU nicht friedlich ist, sondern eine Bedrohung für einen möglichen Weltfrieden darstellt.

Der belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt hatte sich kurz zuvor an die Öffentlichkeit gerichtet. Mit den angeblichen Globalisierungsgegnern wollte er dagegen nicht reden und warf ihnen vor, gewalttätig zu sein.

Die Vertreter von D14 hatten aber klar gemacht, daß sie sich nicht als Globalisierungsgegner verstehen. Sie verlangen vielmehr eine solidarische Globalisierung und werfen der Europäischen Union Protektionismus vor. Sie wollen eine Öffnung des europäischen Marktes für die Produkte aus den Entwicklungsländern. Und vor allem: Sie lehnen ausdrücklich die Agrarsubventionen der EU, weil sie die Lebensgrundlage der Bauern der Entwicklungsländer zerstören. So gesehen sind nicht die Demonstranten, sondern die europäischen Staats- und Regierungschefs die eigentlichen Globalisierungsgegner.

Aufgabe der Medien wäre es, dies klar zu machen. Die meisten und einflußreichsten machen es sich aber lieber bequem und fallen auf solche eingebildeten Vertreter der Globalisierung wie Guy Verhofstadt ein. Anders als zuvor in Göteborg und Genua machten sie diesmal kaum Aufsehen um die Demonstrationen, weil sie weitgehend gewaltfrei verliefen. Damit stacheln sie nur zu weiteren Gewaltakten oder Besetzungen wie diejenige des Büros des europäischen Verbandes der chemischen Industrie am 12.12.2001. Vielleicht ist das die wichtigste Lehre für die Demonstranten. D14 bestand darauf, daß ihre Stimme bis in die Räume des EU-Gipfels zu hören ist. Dies ist auch gelungen. Nun müssen die Medien besser hören und nicht erst, wenn die Leute auf die Straße gehen.

Immerhin: Guy Verhofstadt hat später versucht sein Image aufzupolieren und sich als Gast beim Weltsozialforum in Porto-Alegre angemeldet. Die von ihm verpönten fairen Globalisierer haben aber dafür gesorgt, daß er als unbedingter Vertreter des Neo-Liberalismus ausgeladen wurde.