Erstes Klonen eines menschlichen Embryos

29.11.2001

Am 25.11.2001 wurde bekannt, daß der US-Firma Advanced Cell Technology (ACT) erstmals das Klonen eines menschlichen Embryos gelungen ist. Diese Nachricht löste allgemeines Entsetzen aus. US-Forscher stoßen in Deutschland auf einhellige Ablehnung. Nun sei ein Alptraum Wirklichkeit geworden, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe. Der Vizevorsitzende der Enquete-Kommission des Bundestages "Recht und Ethik der modernen Medizin", Hubert Hüppe, warnte vor einem Dammbruch in der Genforschung. Die Versuche von ACT zeigten, daß die Forschung an embryonalen Stammzellen konsequent zum Klonen menschlichen Lebens führe. Auch Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn sagte, die Versuche ACTs seien verantwortungslos. In Deutschland ist das Klonen von menschlichen Embryonen verboten. Nach Bulmahn solle das auch so bleiben.

Trotz der unmittelbaren Empörung tut sich die Politik schwer, einen Standpunkt in Sachen Stammzellenforschung zu bilden: Als erstes reagierte die Enquete-Kommission des Bundestages "Recht und Ethik der modernen Medizin" am 27.11.2001 mit einem 150-seitigen Bericht zur Stammzellenforschung. Danach hält die Kommission angesichts der ethischen Konflikte die Gewinnung von Stammzellen aus Embryonen, bei der menschliches Leben vernichtet wird, für nicht verantwortbar. Das Gremium sei sich darin einig, daß die Tötung von Embryonen zu Forschungszwecken verhindert werden soll.

Diesem Bericht folgte die Empfehlung des "Nationalen Ethikrats", der sich am 29.11.2001 mehrheitlich für den Import menschlicher embryonaler Stammzellen zu Forschungszwecken aussprach. 14 der 25 Mitglieder des von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) berufenen Gremiums votierten für die Genforschung.

Im Vorfeld hatte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) davor gewarnt, daß Fakten geschaffen werden können, "um die gesellschaftliche Debatte zu umgehen und die politische Entscheidung vorweg zu nehmen". Unterdessen nahm das ZdK seinerseits schon die gesellschaftliche Debatte vorweg, indem es erklärte, die deutschen Katholiken hielten an dem unbedingten Respekt vor dem Menschenleben und der Menschenwürde fest. Der Mensch genieße vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an rechtlichen Schutz.

Es ist fraglich, ob die Bewältigung der humangenetischen Frage bei Politikern und theokratische Bibelexergeten in guten Händen sind. Die diffuse und schwankende Haltung der Politiker muß als Kompetenzschwäche ausgelegt werden, - so konnte sich das Europäische Parlament am 29.11.2001 nicht auf einen Abschlußbericht zur Humangenetik einigen. Der Kompromisvorschlag des Parlamentsausschusses konnte nur von einer handvoll Abgeordneter getragen werden.

Auch die Vorwegnahme der Diskussion durch die Kirche durch feste Standpunkte, die nur Prämissen zu Grunde hat, die nicht subjektiv oder intersubjektiv überprüfbar sind, kann keine legitime Grundlage bilden, obwohl die Stimme der Theologen auf den politischen Fluren und in den Ausschüssen laut und stark zu hören ist.

Der Kern der humangenetischen Frage ist, in wieweit die Humangenetik mit dem Leben menschlicher Individuen hantiert und letztlich tötet. Es ist sehr wohl die Aufgabe der Politiker, als Vertreter des Rechtsstaates das Töten zu verhindern und abzustrafen, aber die Politiker vermögen nicht zu sagen, ab wann das Leben beginnt und dabei leisten die Theologen und Philosophie-Historiker (gibt es denn heute noch konstruktive Philosophen, die die Philosophie voranschreiben können?) keinen guten Dienst, wo Geistesforscher gefragt sind.

Die Wertediskussion muß ausgegliedert werden und die Frage nach dem Beginn des menschlichen Lebens international von Vertretern des freien Geisteslebens beantwortet werden. Erst dann sind humangenetische Gesetze vom Rechtsstaat zu machen.