Norvegisches Erdöl macht fett

11.09.2001

Zuviel Reichtum dank Öl und Gas in der Nordsee nennt Norwegens sozialdemokratischer Ministerpräsident Jens Stoltenberg als Erklärung für sein katastrophales Wahlergebnis am 11.09.2001 in dem seine Partei nur 24,4% der Stimmen erhielt. 1997 hatten die Sozialdemokraten 35% erhalten. Schon dieses Ergebnis empfand der damalige Regierungschef und jetzige Außenminister Thorbjörn Jagland als so katastrophal, dass er die Regierungsverantwortung freiwillig an eine Mitte-Koalition unter dem Christdemokraten Kjell Magne Bondevik abtrat. Im März letzten Jahres griffen die in Norwegen traditionell dominierenden Sozialdemokraten erneut zur Regierungsmacht, jetzt aber mit "Medienstar" Stoltenberg, anstelle des hölzern wirkenden Jagland an der Spitze.

Der verfluchte Ölreichtum begann Ende der 60er Jahre und die entdeckten Bodenschätze haben das Land zu einem der größten Energie-Exporteure gemacht. Jährlich gewinnt Norwegen aus etwa 130 Bohrlöchern rund 150 Millionen Tonnen Öl, etwa 130 Millionen gehen in den Export.

Das bringt dem norwegischen Fiskus enorme Einnahmen, die teilweise in einem sog. Ölfonds einfließen, um Rentenzahlungen an künftige Generationen durch die Spekulationszinsen zu sichern. So hat der Finanzminister Karl Erik Petersen 632 Milliarden Kronen (155 Milliarden Mark / 79,8 Milliarden Euro) im Ölfond auf der hohen Kante. Das entspricht etwa dem jährlichen Sozialprodukt des gesamten schwarzen Kontinents.

Viele Norweger träumen davon, mit der Zeit vom Staatskapitalismus leben zu können. Sie träumen davon, dass sich der öffentliche Haushalt allein durch die Ölspekulationen und Zinseinnahmen finanzieren kann, und dass Steuern und Abgaben abgeschafft werden können. Eine Fortführung dieser Politik würde dies vielleicht in einer Generationszeit ermöglichen.

Aber die norwegischen Wähler haben mittlerweile genug von diesem Staatskapitalismus und verlangen eine Ausgabepolitik, die der Einnahmeseite entspricht, - und wenn der Staat zuviel einnimmt, sollte seine massive Steuerpolitik revidiert werden.

Der große Fluch, der den Sozialdemokraten der europäischen Wohlfahrtstaaten, und besonders den skandinavischen, anlastet ist, dass sich der Widerstand des Volkes immer stärker gegen die soziale Umverteilungspolitik formiert, und Wasser auf die Mühlen der politischen Rechten gießt.

Das Wahldebakel in Norwegen sollte Sozialdemokraten zur Besinnung auf andere Wege zu einer solidarischen Sozialpolitik führen: Sie sollten die Steuerpolitik als Mittel zur Umverteilung zurückfahren und stattdessen politisch die Weichen für einen ökonomischen Ausgleich in einem autonomen und assoziativen Wirtschaftsleben stellen.

Desweiteren sollte sich das Staatsleben von Darlehensgeschäften fern halten, weder in die Rolle des Kreditors, noch des Debitors fallen und die Einnahmen entsprechend den Ausgaben festsetzen, damit die wirtschaftliche Balance erhalten bleibt.