Homoehe und christliches Leitbild

01.04.2001

Heute trat in den Niederlanden ein neues Gesetz in Kraft, das erstmals Ehen zwischen Partnern gleichen Geschlechts ermöglicht. In Deutschland hingegen hat das CSU-regierte Bayern eine Verfassungsklage gegen die so genannte Homo-Ehe beschlossen.

Auf Vorschlag von Justizminister Manfred Weiß (CSU) verabschiedete das Kabinett am 20. März in München eine Normenkontrollklage, um die Verfassungswidrigkeit des von der Bundesregierung beschlossenen Lebenspartnerschaftsgesetzes festzustellen. Außerdem soll mit einem Antrag auf "einstweiligen Rechtsschutz" das für den 1. August geplante In-Kraft-Treten des Gesetzes verhindert werden. "Wir lehnen diese mißglückte Kopie der Ehe ab", erklärte Weiß. Die Gleichstellung homosexueller Lebenspartner mit Ehegatten in nahezu allen Bereichen der Rechtsordnung sei "nicht hinnehmbar". Das Kabinett in Thüringen hatte bereits am 27. Februar eine Verfassungsklage beschlossen, will aber noch den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat am 28. März abwarten. Weiß erklärte, Bayern wolle keine Diskriminierung von Lebensformen. Das Grundgesetz stelle jedoch ausschließlich Ehe und Familie unter besonderen Schutz und "nicht alle möglichen Lebensentwürfe". Das Gesetz sei eine "provokante und bewusste Abwendung der Bundesregierung vom Leitbild der Familie, wie es das Grundgesetz vorgibt". Die Eheanlehnung zeige sich bei der Möglichkeit eines gemeinsamen Namens, Unterhaltsverpflichtungen, Erbrechten und einer "Quasischeidung" wie bei Ehepartnern. Außerdem wirft der Freistaat der Bundesregierung vor, im Gesetzgebungsverfahren verfassungswidrig gehandelt zu haben. SPD und Grüne hätten einen einheitlichen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen vor der Schlussberatung im Bundestag in zwei Teile gespalten, um das Vetorecht des Bundesrats zu umgehen. Der Freistaat wird bei der Klage in Karlsruhe vom Münchner Verfassungsrechtler Peter Badura vertreten. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, warnte Bayern vor einem "Kulturkampf". Beck erklärte in Berlin, die Staatsregierung sage den Bürgerrechten von Lesben und Schwulen den Kampf an. Er warf Bayern vor, im Vermittlungsausschuss bislang jede Sachdiskussion über die Eingetragene Lebenspartnerschaft verweigert zu haben. Dies sei "eine billige Instrumentalisierung des Bundesverfassungsgerichts für parteipolitische Spielchen".

Dass die Verfassung nur heterosexuelle Ehen unter Rechtschutz stellt, bedeutet im Klartext nicht nur, dass die Gesellschaft keine Rechtsbeziehung zwischen Homosexuellen erlaubt, sondern sogar, dass solche verboten sein sollten, wenn die Verfassungsklage Bayerns konform sein sollte.

Wenn die Moralhüter unserer Gesellschaft sich über die Besudelung der Ehe durch die Homosexuellen aufregen, sollten sie sich klar darüber sein, dass der Staat, dessen sie sich nun bedienen wollen, um dies zu unterbinden, überhaupt für die Besudelung des heiligen Stands der Ehe verantwortlich sei. Das Rechtsleben hat sich den geistigen Bündnisvertrag Ehe unter den Nagel gerissen und zur reinen Jurisprudenz umgewandelt. Die Ehe als besondere Form einer Partnergesellschaft bürgerlichen Rechts unter Kontrolle und Schutz des Staates sollte in den Augen aller Gläubigen ein Affront sein gegen das freie Geistesleben. Wenn das Rechtsleben Partnerschaften eine wirkliche Rechtsalternative außer der Ehe anbieten kann, ist es nur recht und billig, wenn auch die Homosexuellen in den Genuß dieses Rechtsstands kommen.

Um die verletzten Seelen der Moralhüter zu schützen, aber auch um eine saubere Trennung zwischen Geist und Recht zu erreichen, sollte der Staat die Ehe aus der Hand geben und statt dessen eine Palette unterschiedlicher Partnergesellschaften bieten, um intime Bindungen zu schützen, und um Kindern einen festen Familienrahmen zu geben. Nicht die Homoehe, sondern die staatliche Rechtsform überhaupt, ist eine mißglückte Kopie der christlichen Ehe.