Partei für direkte Demokratie wieder aufgelöst worden

31.12.2000

Die Hamburger Partei "Der Springende Punkt" ist laut Marcus Hiller heute bereits wieder aufgelöst worden. Hauptgrund ist die mangelnde Unterstützung gewesen.

Von den Gründungsmitgliedern wurde die direkte Demokratie als Kernpunkt der sozialen Dreigliederung verstanden. Am treffendsten wäre wohl laut Hiller solch ein Parteiname gewesen: "Partei für die Dreigliederung des sozialen Organismus durch Neugestaltung der dreistufigen Volksgesetzgebung". Im Grundsatzprogramm standen daher weder ein ausdrücklicher Hinweis auf die soziale Dreigliederung noch bestimmte dreigliedrigen Maßnahmen. Dies hätte nach ihrem Verständnis keine neue Politik bedeutet, denn die gibt es erst, wenn die Menschen es selbst machen.

Als "ein Punkt Partei" hätte laut Hiller "Der Sprindende Punkt" gern zusammen mit den Waldorfschulen ein neues Schulgesetz via Volksentscheid vorangetrieben. Diese seien aber lieber bei ihrer bisherigen "Bittstellerei" und der typischen Lobbyarbeit über Behördenkontakte geblieben.

Das Besondere an der Partei "Der Springende Punkt" ist wohl, daß sie ihr eigentliches Ziel, in diesem Fall war dies die soziale Dreigliederung, nicht wie andere Parteien erst nach einigen Jahren, sondern schon von vornherein vergessen hatte. Man kann sich eigentlich nur freuen, daß sie eingegangen ist, noch bevor sie den Ansatz der sozialen Dreigliederung in Verruf bringen konnte.

Die Idee einer direkten Demokratie und einer Entstaatlichung der Wirtschaft wird hierzulande längst durch eine breite Mehrheit mitgetragen. Nicht so bei der Freiheit des Geisteslebens, insbesondere der Erziehung. Daher muß der Schwerpunkt der Dreigliederungsarbeit auf das Bewußtsein der Menschen um die kulturelle Freiheit, und nicht um die demokratische Gleichheit gelegt werden. Sonst kommt es zur heute üblichen Zweigliederung in Staat in Wirtschaft, die bald zu einer mehr oder weniger offenen Diktatur der Wirtschaft führt.

Wer lieber die Menschen dort holen will, wo sie gerade stehen, hätte wenigstens die Möglichkeit, den Zusammenhang zwischen direkter Demokratie und sozialer Dreigliederung ihnen klar zu machen. Ein Haupteinwand gegen die direkte Demokratie ist nämlich, daß die Aufgaben des Staates heute so kompliziert seien, daß man dafür Spezialisten braucht. Wer ehrlich mit sich selber ist, muß zugestehen, daß es beim heutigen Staat auch stimmt. Zu den Zielen der sozialen Dreigliederung gehört aber gerade, daß der Staat sich nicht mehr in wirtschaftlichen und kulturell-geistige Fragen einmischt und sich auf die Fragen beschränkt, worüber jeder Bürger entscheiden kann. Das müßte immer betont werden.

Der Staat hat Grenzen, die er nicht übertreten darf, ohne seinen demokratischen Charakter aufzugeben. Wer eine wahre Demokratie haben will, muß daher für eine soziale Dreigliederung eintreten. Dieser Zusammenhang wird von fast allen Vertretern der direkten Demokratie verschwiegen, auch von denen, die von der Anthroposophie herkommen. Sie schmeicheln lieber die Menschen mit dem Gedanken, daß sie es durch Volksentscheide besser machen könnten als die Politiker. Als Mehrheit sind aber die Menschen nicht besser als die Politiker, sondern genauso überfordert wie sie, wenn es um kulturelle oder wirtschaftliche Fragen geht.

Entscheidend ist der Machtverzicht der Mehrheit, sei es der direkten Mehrheit des Volksentscheids oder der repräsentativen Mehrheit des Parlaments. Die Direktdemokraten sollte man nur dort unterstützen, wo sie sich zu einem solchen Machtverzicht verpflichten. Sonst sind es nur Direktpolitiker, Schönredner, die das Leben einfacher machen wollen, als es eigentlich ist. Davon gibt es in den Parlamenten schon genug.

Marcus Hiller war mit seiner "ein Punkt Partei" ein Paradebeispiel für diese Sucht, das Leben nach der Maßgabe des eigenen eindimensionalen Denkens zu richten. Wir brauchen aber ein dreidimensionales Denken. Meinetwegen drei springende Punkte. Nur in einem dieser springenden Punkte kann man Hiller zustimmen: Die Waldorfschulen täten gut, ihre übliche Lobbyarbeit gegenüber den Behörden durch eine breitere Öffentlichkeitsarbeit zugunsten der pädagogischen Freiheit zu erweitern. Sonst stehen ihre Erfolge auf tönernen Füßen.