Kaffeepreise auf Tiefstpunkt

30.11.2000

Der Kaffeepreis ist nach Angaben von Transfair, einem Verein zur Förderung des Fairen Handels mit der Dritten Welt, auf dem tiefsten Stand seit 30 Jahren. Am härtesten getroffen sind die Kaffeebauern in Afrika. Die Kaffeesorte Robusta zum Beispiel bringt auf dem Weltmarkt nur noch 31 US-Cents pro Pfund. Transfair garantiert den Kaffee-Genossenschaften dagegen einen Mindestpreis von 106 US-Cents.

Bei Pfundpreisen von unter sechs oder sogar unter fünf DM geben Discountketten in Deutschland den Kaffee Transfair zufolge weit unter Einstandspreis ab. Denn allein die Kaffeesteuer liegt einschließlich Mehrwertsteuer bei 2,45 DM pro Pfund. Den Rest müssen sich Produzenten, Exporteure, Transporteure, Importeure und der Einzelhandel teilen.

Overath, Geschäftsführer von Transfair, appelliert an die Verbraucher, fair gehandelten Kaffee zu kaufen - auch wenn sie dabei einige Mark drauflegen müssen. Sie tun damit was Gutes, und pro Tasse macht das nur zwei Pfennige aus. Bei solchen Preisen sind die Bauern auch eher bereit und in der Lage, auf Bioanbau umzusteigen. "Wenn die Preise so tief liegen, wird doch gespritzt, was das Zeug hält, um die Ernten zu erhöhen. Dies hat eine gewisse Ähnlichkeit mit den Marktmechanismen bei BSE."

Mit dem Hinweis auf den Bioanbau deutet Overath in der Tat auf den Hauptgrund für den Preisverfall des Kaffees, nämlich die heutige Überproduktion. Bei einem großangelegten Umstieg auf den Bioanbau würde diese Überproduktion zwar zurückgehen. Es fragt sich aber, ob dieser Rückgang von Dauer wäre. Weniger Gift heißt also nicht unbedingt mehr Geld. Das ist kein Plädoyer für Giftmischer, sondern für groß angelegte Absprachen zwischen den Produzenten, sowie zwischen Produzenten und Konsumenten, um die Produktion aktiv an den Konsum anzupassen.

Solange dies nicht gegeben ist, birgt der Ansatz von Transfair in sich sogar eine Gefahr: Bei garantierten Mindestpreisen können Kaffee-Bauern dazu ermutigt werden, ihre Produktion auszuweiten und damit das globale Problem der Überproduktion noch zu verschlimmern. Dasselbe Problem hat die Europäische Union mit ihrer Landwirtschaftspolitik. Sie will Preise garantieren, garantiert aber nur die Überproduktion. Transfair macht eigentlich dasselbe im Kleinen. Es stellt sich daher die Frage, ob der Konsument beim Kauf von Transfair-Kaffee wirklich Gutes tut.

Entscheidend ist, daß Transfair nicht nur an der Beziehung zwischen Produzenten und Konsumenten ansetzt, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen den Produzenten fördert. Ein Großteil des Mehrpreises geht deswegen nicht an den einzelnen Kaffee-Bauern, sondern dient zum Aufbau von Genossenschaften. Ein gefundenes Fressen für oberflächliche Fernsehjournalisten, die es daher leicht hatten zu beweisen, daß die zwei Pfennige pro Tasse irgendwo verschwinden zwischen Kaffee-Trinkern und Kaffee-Bauern. Dies stimmt, aber desto besser für die Bauern. Genossenschaften ermöglichen es ihnen, gegenseitiges Vertrauen zu entwickeln. Und dies werden sie brauchen, wenn es einmal darum gehen wird, untereinander und zusammen mit Verbraucherorganisationen aus der ganzen Welt über Produktionsmengen zu reden und zu entscheiden. Hier zeigt sich, daß der vorwiegend christlich geprägte Ansatz von Transfair, der immer wieder auf moralische Appelle an den Verbraucher setzt, zu einem umfassenden assoziativen Ansatz erweitert werden kann.

Hoffentlich wird die unberechtigte Kritik einiger Journalisten dazu beitragen, daß Transfair seine Arbeit in Zukunft differenzierter darstellt. Sie wird dadurch noch überzeugender.