„Elemente einer Neubestimmung des Geldes“

Zur Neuauflage von Hardorps Dissertation

Wesentliches veraltet nicht

Zur Wiederauflage von Benediktus Hardorps Dissertation von 1958 „Elemente einer Neubestimmung des Geldes und ihre Bedeutung für die Finanzwirtschaft der Unternehmung“ im Karlsruher Universitätsverlag 2009 (Band 17 der Schriften des Interfakultativen Instituts für Entrepreneurship) mit Vorwort von Götz Werner und Wolfgang Eichhorn, nebst einem aktuellen Vor- und Nachwort des Autors.

Dem wirtschaftlichen L e b e n kommt man als Erkennender mit Abstraktionen nicht bei, wenn die Gestaltungen für das praktische Leben sozial fruchtbar werden sollen. Ist dieses Lebensgebiet also nur etwas für Praktiker auf der einen und Staatslenker auf der anderen Seite? - In der Tat ist diese junge Wissenschaftsdisziplin immer wieder vor den Karren mächtiger Interessen gespannt worden. 1922 spricht R. Steiner vor Ökonomen davon, daß eine wirkliche Volkswirtschaftswissenschaft noch nicht habe errungen werden können, und daß die Methode hier nicht induktiv oder deduktiv sondern charakterisierend sein müsse. Die theoretische Wirtschaftswissenschaft glänzt durch partielle Richtigkeiten und eilt den politischen Tatsachen hinterher. Will sie autonom und sozial schöpferisch als Erkenntnis werden, muss sie ihr Begriffsvermögen selbst methodisch erweitern.

In den politischen Folgen bloß theoretischen Erklärungen und der trial and error-Methode sozialökonomischer Wirkungszusammenhängen stehen wir gegenwärtig mitten darinnen.

Da nimmt es nicht Wunder, wenn in den fünfziger Jahren in der neuen „Freiburger Schule“ nach dem Zusammenbruch der NS-Diktatur und dem heraufkommenden Siegeszug des marktwirtschaftlichen Paradigmas, der betriebswirtschaftliche Hochschullehrer Martin Lohmann seinen Studenten ganz neuartige Aufgaben und Doktorarbeiten zur Neubesinnung dieser Disziplin stellte[1]: im vorliegenden Falle die einer Wesensbestimmung des Geldes und einer tragfähigen Unternehmenskultur. Nun liegt sie erneut vor.

Hardorps Dissertation erscheint zum richtigen Zeitpunkt neu. Es ist als wenn die seitherigen Fehlentwicklungen und die aktuelle Krise die damals herausgearbeitete und neu gesehene Problemstellung und Gedankenleistung als gelungenen Vorgriff zur Bewältigung brennender Fragen würdigt.

Nimmt man das geradezu mantrische Nachwort des Autors zur Neuauflage aus diesen Tagen hinzu, so zeigt sich nicht nur, wie er seinem damaligen Impuls treu geblieben ist, sondern wie ihm selbst die damals veranlagte neue finanzwirtschaftliche Denkweise zu einer Sicherheit und Beweglichkeit geworden ist. Hier verdichtet er und klärt seine genaue Charakteristik von Kapital und Assoziationen. Dies kann sich den gegenwärtig Studierenden, Forschenden und Orientierungssuchenden als wertvoll erweisen.

Daß E. Husserl und R. Steiner für die Durchdringung ökonomischer Fragestellungen herangezogen werden, wird damals als kühn gegolten, heute als willkommene Erweiterung aufgenommen werden können.

Obwohl die Schrift betriebswirtschaftlich tingiert ist, enthält sie aber neuartige Blicke auf den volkswirtschaftlichen Prozeß, vor allem seine Entwicklung in der Zeit. Und hier ist die sogenannte Alterung des Geldes, dem Hardorp seine Aufmerksamkeit widmet. Die schädliche Wucherung des Kreditgeldsektors aufgrund von Zinseszins und Bodenspekulation hat in den 20 er bereits Geldreformer wie Silvio Gesell auf den Plan gerufen. – Steiner zeigt 1922 wie hier keine mechanistische oder bürokratische Abhilfe geschaffen werden kann, sondern wie im wirtschaftlichen Organismus durch richtige Zuordnungen und Einrichtungen sowohl das Kaufgeld durch assoziative Preisgespräche saniert, wie auch die Leihgeldsphäre durch reine Personalkredite und neues Bodenrecht sozial zu gestalten sind. Durch solchen Umbau der gesellschaftlichen Werteverwandlungen kann altgewordenes Leihgeld aus dem produktiven gewerblich-industriellen Sektor nach erfolgter und abgeschriebener Investition, d.h. Produktivitätssteigerung, in den reinen Konsumbereich der Erziehung, Kultur, Künste als Schenkungsgeld fließen (jung werden). Dieser wird wirtschaftlich ja erst in der Zukunft produktiv. Folkert Wilken, Udo Herrmannstorfer, Hans Georg Schweppenhäuser, Georg v. Canal / C. Binswanger haben die darin liegenden Anregungen weiter ausgebaut.

Hardorp läßt sich nun gar nicht auf die „Dokumentenebene“ der Geldzeichen und ihre Verwandlungen ein, sondern beschreibt den volkswirtschaftlichen Prozeß, und hier besonders die unternehmerischen Leistungen und Investitionen so, daß sich gemeinwirtschaftlich die Widmung der Produktivitätsüberschüsse als Aufgabe geradezu aufdrängt. „Wir müssen irgendwann willentlich sagen, wozu wir alles tun, wohin wir damit wollen“(aus dem Vorwort). Er nennt das Konsolidierung der gesellschaftlichen Entwicklung, die sogar die Aussicht auf „ewige Prosperität“ eröffne, wie der Verfasser in einer Fußnote (246) nicht ohne Humor schreibt.

Das vielbeschworene „Umdenken“ findet hier einen sicheren Boden.

Anmerkungen

[1] Folkert Wilken hat damals Hardorps Studienkollegen Hans-Wolfram Schweppenhäuser zu einer Doktorarbeit über „Elektrizitätswirtschaft. Ein Beitrag zur ideologischen Auseinandersetzung zwischen Privat- und Staatswirtschaft“ angeregt, die jüngst durch den schwedischen Unternehmer Hakan Blomberg eine fulminante Besprechung und aktuelle Neueinschätzung erfuhr (siehe Blomberg: “Solidarisch wirtschaften mit Risikokapital - Über das Wirtschaftsleben nach dem Kapitalismus. Erfahrungen der dänischen Genossenschaftsbewegung im 20. Jahrhundert“ in Rundbrief Dreigliederung Nr. 2/2009. Stuttgart. Initiative Netzwerk Dreigliederung)