Regulierung der Preise durch Assoziationen

01.07.2004

Die Frage des richtigen Preises bei Rudolf Steiner

Die Preisfrage ist die Kardinalfrage des Wirtschaftslebens. Die gegenwärtigen Probleme wie Arbeitslosigkeit oder Armut in der dritten Welt lassen sich ohne weiteres auf falsche Preise zurückführen. Jedoch kann man Preise nicht so einfach festsetzen. Willkürlich festgesetzte Preise wirken kontraproduktiv: es entsteht dann Mangel- oder Überproduktion, oder zwar höherer Wohlstand auf der einen, aber Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite.

Auch Rudolf Steiner weist darauf hin, daß Preise sich nicht einfach festlegen lassen (NöK 25): "Das sind Dinge, die Ihnen zeigen, von welchen unbestimmten Bedingungen der Preis einer Sache im volkswirtschaftlichen Prozeß abhängt. Sie können nun natürlich sagen: Ja, aber solchen Dingen muß man steuern. – Bodenreformer und ähnliche Leute stemmen sich gegen solche Dinge, wollen in einer gewissen Weise eine Art gerechten Preis für die Dinge feststellen durch allerlei Maßregeln. Das kann man; aber volkswirtschaftlich gedacht, wird dadurch der Preis nicht geändert. Man kann zum Beispiel, sagen wir, wenn so etwas geschieht und dann die Grundstücke teurer verkauft werden, man kann den Leuten das Geld wiederum in Form einer hohen Grundsteuer abnehmen. Dann steckt der Staat dasjenige, was abfällt, ein. Die Wirklichkeit hat man aber damit doch nicht ergriffen. In Wirklichkeit ist die Sache dennoch teurer geworden. Sie können also Gegenmaßregeln ergreifen, die kaschieren aber nur die Sache. Der Preis ist doch derjenige, der er geworden wäre ohne diese Maßregeln."

Die wirtschaftlichen Assoziationen als Einrichtungen zur Regulierung der Preise

Nun sollen wirtschaftliche Assoziationen Einrichtungen sein, welche die Preise regulieren. Durch Beobachtung der Preise entsteht innerhalb der Assoziationen mit der Zeit eine Erfahrung, wann Preise für Erzeugnisse zu hoch oder zu niedrig sind (vgl. NöK 79, 110). Allerdings können die Assoziation nicht einfach die Preise festlegen. Eine solche Vorgehensweise ließe die volkswirtschaftliche Realität unberücksichtigt (vgl NöK 25).

So sieht denn Steiner auch eine andere Maßnahme zur Regulierung der Preise durch die wirtschaftlichen Assoziationen vor. Hat ein Erzeugnis einen zu niedrigen Preis, so zieht die Assoziation von dort Arbeitskräfte ab, und setzt sie in einem anderen Bereich ein, in dem die Preise zu hoch sind (vgl. NöK 79f).

Die Assoziation rationalisiert also dort, wo die Preise niedrig sind, und investiert dort, wo die Preise hoch sind.

Werden nun von den Waren mit niedrigen Preisen weniger hergestellt, so wirkt dies einem zu niedrigen Preis entgegen. Umgekehrt führt eine größere Angebotsmenge bei den Waren mit hohen Preisen dazu, daß deren Preis sinkt.

Auch eine Möglichkeit ist, daß durch die Rationalisierung die Ware mit günstigerem Preis nun von weniger Menschen in gleicher Menge hergestellt werden kann. Dann reicht ein niedrigerer Preis aus, um den Erzeugern dieser Ware das gleiche Einkommen zukommen zu lassen wie bisher mit einem höheren Preis.

Die Assoziation sorgt durch Ihre Maßnahmen für eine gleichmäßigere Einkommensverteilung und damit für den Erhalt von Arbeitsplätzen. In dem dort mehr Menschen arbeiten, wo durch höhere Preise höhere Erlöse möglich sind, und dort weniger, wo niedrigere Erlöse möglich sind, bleibt den Mitarbeitern der Assoziation Lebensunterhalt und Arbeitsplatz bewahrt.

Der Unterschied zur bestehenden Marktwirtschaft

Auch in der Marktwirtschaft investieren die Unternehmen dort, wo hohe Preise dies lohnend machen, und rationalisieren und entlassen dort, wo die Preise sinken. Auch in der Marktwirtschaft wirkt dies regulierend auf die Preise und führt zu einer gleichmäßigeren Einkommensverteilung. Dies ist auch der Grund dafür, daß die Marktwirtschaft erfolgreich ist. Allerdings ist dieser Effekt in der Marktwirtschaft zu schwach und vor allem einseitig ausgebildet. Es besteht die Tendenz, möglichst viele zu entlassen und möglichst wenige einzustellen, um so den Gewinn für die Anteilseigner zu steigern. So steigt mit jeder Rezession die Zahl der Arbeitslosen. Bei der nachfolgenden Konjunktur-Erholung werden diese nicht wieder eingestellt. Es werden immer mehr Menschen aus dem Wirtschaftskreislauf ausgeschieden.

Die Assoziationen investieren und wirtschaften aus dem Erzeuger- und Verbraucher-Interessen, wobei sich die verschiedenen Interessen ausgleichen. In der herkömmlichen Marktwirtschaft ist dagegen das Gewinn-Interesse der Anteilseigner maßgebend. Dazu kommt dann noch das gewerkschaftlich organisierte Interesse der Mitarbeiter nach möglichst hohen Arbeitseinkommen. Beide Interessen führen nun dazu, immer mehr Menschen zu entlassen, aus dem Wirtschaftskreislauf auszuschließen.

Die Unverkäuflichkeit von Natur, Arbeit, Kapital

Der Vergleich der assoziativen Wirtschaft zur herkömmlichen Marktwirtschaft zeigt, daß die assoziative Wirtschaft nichts mit zentralistischer Planwirtschaft zu tun hat. Es ist nicht so, daß die Assoziationen die Preise für die Waren einfach festlegen. Dies kann gar nicht funktionieren (vgl. Einleitung). Die Preise für Waren bildet sich durchaus auf dem Markt. Die guten Seiten der Marktwirtschaft – da wo diese sozial wirkt – werden durch die wirtschaftlichen Assoziationen sogar verstärkt. Allerdings unterliegen nur Waren, das sind durch menschliche Arbeit hergestellte Erzeugnisse, dem Handel auf dem Markt, nicht jedoch Natur, Arbeit und Kapital.

Die Mitarbeiter der Assoziationen sind Beteiligte, nicht gekaufte Lohnknechte. Unternehmen und unternehmerische Initiative sind innerhalb der Assoziationen und deren angeschlossenen Unternehmen nicht käuflich. Es kann dann auch keine Spekulation mit Anteilsscheinen geben.

Deshalb wird innerhalb der Assoziationen auch aus anderen Motiven heraus investiert werden. Es kommt nicht darauf an, Kapital immer nur zu vermehren. Das Kapital muß auch wieder verbraucht werden. Zum Beispiel dafür, daß den Mitarbeitern etwas neues beigebracht wird, damit sie in einem anderen Bereich arbeiten können (vgl. NöK 67f, 76-78, 81). Das ist auch eine Aufgabe der Assoziationen, einerseits darauf zu achten, daß genügend Kapital gebildet wird, andererseits, daß das Kapital auch wieder verbraucht wird und sich nicht verselbständigt (vgl 79-81). Daher müssen die Anteilsscheine der Assoziationen altern, einen Endtermin haben, wie auch die angeschafften Produktionsmittel ja verbraucht werden. Die Anteilsscheine einer Assoziation drücken das Recht auf einen Anteil der innerhalb der Assoziation in einem gewissen Zeitraum hergestellten Waren aus. Im Gegensatz dazu drückt die herkömmliche Aktie einen Anteil der in einer Aktiengesellschaft erzeugten Waren beziehungsweise deren Wert für immer aus. Und daraus entsteht dann das Interesse der Aktionäre, die Produktion immer zu steigern, immer möglichst viel zu verkaufen, damit dann ihr unendlicher Anteils-Wert steigt. Nicht das Verbraucher-Interesse bewirkt hier die Produktion, sondern das Aktionärs-Interesse an einem höheren Wert ihrer Anteilsscheine. Und dies führt dann dazu, daß künstlich Bedürfnisse geschaffen werden und Produkte mit aufdringlicher Werbung in den Markt gedrückt werden.

Wie kommt das Verbraucher-Interesse in den Assoziationen zur Geltung?

Indem man die Anteilsscheine befristet und diese so einen Anteil an den erzeugten Produkten bedeuten, bringt man das Verbraucher-Interesse in die Assoziationen hinein. Es wird dann aus Verbraucher- und Produzenten-Interesse investiert werden: jemand gibt Geld, weil er bestimmte Produkte wünscht und haben will, oder weil er selbst in der Erzeugung dieser Produkte arbeiten und seinen Lebensunterhalt verdienen will.

Wie können wirtschaftliche Assoziationen verwirklicht werden?

Assoziationen zu verwirklichen bedeutet in der heutigen Zeit und Wirtschaftsordnung vor allem, neue Rechts- und Finanzierungsformen zu schaffen, in die sich dann bestehende Unternehmen und Verbände vertraglich eingliedern lassen. Wie schaffen wir Rechtsformen, in denen Unternehmen unverkäuflich sind, Mitarbeiter Beteiligte, Kapital sich nicht unendlich vermehren kann? Wir können hier nicht auf den Staat warten. Denn der Staat wird eine gute allgemeine Regelung nur hervorbringen, wenn Beispiele, Vorbilder da sind. Wir müssen selber aktiv werden.

Da es geeignete Rechtsformen noch nicht gibt, müssen wir wahrscheinlich vorläufig mit Hilfskonstruktionen arbeiten: etwa eine Stiftung oder ein Verein hält eine Holding, die dann wiederum unverkäufliche Unternehmen hält. Auch die Finanzierung müssen wir anders als bisher regeln: es dürfen die Unternehmen nicht den Geldgebern gehören, sondern diese erhalten befristete Anteilsscheine, Zeitaktien, die einen Endtermin haben, genauso wie ja auch die realen Produktionsmittel irgendwann abgenutzt und nicht mehr verwendbar sind. Dadurch, daß die Unternehmen in der Assoziation auf diese Weise nicht dauerhaft von Kapitaleignern und ihren Interessen abhängig sind, können wir erreichen, daß sich in der Assoziation die Interessen der Verbraucher und Erzeuger ausgleichen.

Ein einfacher Zusammenschluß von Unternehmen und Verbrauchern oder Verbraucherverbänden kann den gewünschten Zweck eines Interessenausgleichs und angemessener Preise für alle Beteiligten nicht erreichen, wenn nicht neue Rechtsformen, insbesondere neue Finanzierungsformen entwickelt und gefunden werden. Denn bestehende Rechtsformen sind auf die bestehenden Kapitaleigner-Interessen konstruiert, und so werden auch deren Interessen einseitig wirksam werden.

Es sind zur Verwirklichung einer Assoziation daher anfangs Schenkungen, Spenden nötig, um die Arbeit zur Entwicklung und Gestaltung neuer Finanzierungs- und Rechtsformen zu ermöglichen. Solche Spenden werden eine weit stärkere Wirkung haben als viele andere Spenden für soziale und kulturelle Zwecke, denn wirtschaftlichen Assoziationen schaffen die Grundlage, dauerhaft Überschüsse für andere kulturelle und soziale Einrichtungen zu erwirtschaften.


Spenden
In Berlin hat sich eine Initiative zum Ziel gesetzt, so eine Assoziation zu realisieren. Bitte Spenden Sie dafür an den gemeinnützigen Verein "Bewegung für soziale Dreigliederung", Konto 42 573 800, GLS-Bank (BLZ 430 609 67), Stichwort "Assoziation". Bitte geben Sie Ihre Adresse an, wenn Sie eine steuerlich absetzbare Spendenbescheinigung wünschen.