Die Alternative zum staatlichen Gerichtswesen - Freie Schiedsstelle

01.04.2000

Natürlich wäre es angenehm, wenn es kaum zu Konflikten zwischen den Menschen kommen würde. Die Wirklichkeit sieht jedoch leider anders aus. Immer wieder treten in Schulen, Kindergärten, Wohn- und Lebensgemeinschaften oder anderen Einrichtungen Meinungsverschiedenheiten auf, die mitunter nicht mehr von den Betroffenen selbst gelöst werden können. Wenn beispielsweise am Arbeitsplatz keine interne Einigung mehr erzielt worden kann, besteht die Möglichkeit, die juristische Klärung der Freien Schiedsstelle bei der GLS Treuhand e. V in Bochum zu übergeben. Fünf Rechtsanwälte kümmern sich hier um die Ratsuchenden und bieten verschiedene Lösungswege an.

Etwa 50 Anfragen sind bisher auf den Schreibtischen der Bochumer Juristen gelandet, seit Rechtsanwalt Ingo Krampen das Projekt "Freie Schiedsstelle" 1998 auf der Dornacher Ostertagung vorgestellt hat. Vieles lässt sich relativ einfach klären, manchmal bedarf es einer gründlichen juristischen Beratung. Erst ein einziges Mal musste das Schiedsgericht in voller Kammerbesetzung einen Fall entscheiden, in dem es um eine Streitigkeit zum Haustarif einer Waldorfschule ging.

Seitdem ist die Existenz der Bochumer Schiedsstelle der interessierten Öffentlichkeit bewusster geworden, nicht zuletzt durch die Pressemitteilung der Freien Schiedsstelle, die über das Verfahren berichtet hatte. Die Möglichkeit, im freien Geistesleben auch eine freie Schiedsstelle zu verankern, fand große Aufmerksamkeit. Gleichzeitig häuften sich die Frage: Wer kann die Freie Schiedsstelle, wann, in welchen Fällen und zu welchen Bedingungen anrufen?

Dazu die wichtigsten Antworten:

Die Freie Schiedsstelle bei der GLS Treuhand e.V. in Bochum bietet in Streitfällen außergerichtliche Hilfe an.

Diese Hilfe kann folgende Punkte umfassen:
1.: Konfliktberatung (von erfahrenen Beratern)
2.: Mediation (Hilfe, eine eigene Lösung zu entwickeln)
3.: Schlichtung (mit dem Ziel, dass beide Parteien zu einer Einigung kommen)
4.: Freies Schiedsgericht (wenn vorher keine Einigung erzielt werden konnte)

Welche Form die sinnvollste ist, kann in einer kostenlosen Eingangsberatung geklärt werden.

Als Schiedrichter/innen fungieren zur Zeit die Rechtsanwält/innen Katharina Höyng, Matthias Höyng, Axel Janitzki, Ingo Krampen und Sandra Meinke.

Wer kann sich an die Freie Schiedsstelle werden?

Grundsätzlich jeder!

Wo wird verhandelt?

In Bochum!

Kann die Freie Schiedsstelle sofort in Anspruch genommen werden?

Ja! Bisher ist sie noch nicht so überlastet wie die öffentlichen Gerichte, daher entfallen auch lange Wartefristen.

Was kann verhandelt werden?

Grundsätzlich alle zivilrechtlichen Verfahren!

Beispiele: Vertragsrecht, Streitigkeiten aus gemeinsamem Wohnen, Finanzielle Forderungen wie z.B. Schadensersatzforderungen, arbeitsrechtliche Angelegenheiten. ABER: Grundsätzlich müssen Kündigungsschutzklagen erst einmal beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden (Wichtig:. die 3wöchige Klagefrist beim Arbeitsgericht unbedingt einhalten!) Beim Arbeitsgericht kann man dann jedoch erklären, dass man sich an die Freie Schiedsstelle wenden möchte. Das Arbeitsgericht übergibt dann den Fall an das Schiedsgericht.

Kann das Schiedsgericht einen Fall ablehnen?

Ja!

Was kann nicht beim Schiedsgericht verhandelt werden?

Alle Strafsachen (z.B. Körperverletzungen), alle Dinge, die einer staatlichen Beurkundung bedürfen (z.B. Ehescheidungen, Adoptionen etc.), und auch die Finanz, Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit sind Staatsangelegenheiten.

Hat das Urteil des Freien Schiedsgerichts bindende Wirkung?

Ja, es ist rechtskräftig und kann für vollstreckbar erklärt werden.

Ist das Schiedsgericht allgemein anerkannt?

Ja, die Rahmenbedingungen für ein Schiedsgericht sind in der Zivilprozessordnung verankert.

Kostet das Schiedsgericht etwas?

Ja! Man kann durch das Schiedsgericht also nicht die Kosten für ein normales Gerichtsverfahren sparen. Die Gebühren bestimmen sich nach dem Streitwert. Liegt der Streitwert z.B. bis zu 10.000,- DM, beträgt das Honorar für den Vorsitzenden des Schiedsgerichtes oder den Einzelschiedsrichter 2.000,- DM und für jeden beisitzenden Schiedsrichter 1.500,DM. Es lohnt sich also kaum, um 100, oder 200,- DM zu streiten.

Was spricht dafür, das Schiedsgericht zu bemühen?

Das Schiedsgericht ist nicht überlastet wie die normalen Gerichte. Entscheidungen können viel schneller gefällt werden. Man darf sich einen sachkundigen Beisitzer aus der Liste selber aussuchen. Das Schiedsgericht der Gemeinnützigen Treuhandstelle versucht, den Konflikt nicht nur aus dem rein juristischen Blickwinkel zu betrachten, auch menschenkundliche Aspekte sollen bei einer Gesamtlösung einbezogen werden. Die Freie Schiedsstelle möchte den Gedanken Rudolf Steiners mittragen, dass zu einem freien Geistesleben auch eine freie Gerichtsbarkeit gehört.

Bei weiteren Fragen:

Adresse:
Rat & Recht
Freie Schiedsstelle
GLS Treuhand e.V.
Gemeinnützige Treuhandstelle e.V.
Christstrasse 9, 44789 Bochum, Deutschland

Kontakt:
Michael Lieberoth-Leden
Tel.: 0234-5797-5136
M.Lieberoth-Leden@imbusgmbh.de


Quelle: Trigonal 4/2000, durch Ingo Krampen überarbeitet und auf den aktuellen Stand gebracht (03.01.2012)