Die Globalisierung gestalten - Vorwort von Weizsäcker

Vorwort von Ernst Ulrich von Weizsäcker zur deutschen Ausgabe

01.03.2000

Leseprobe aus Die Globalisierung gestalten: Zivilgesellschaft, Kulturkraft und Dreigliederung

Dass sich ein philippinischer Wortführer von Bürgerbewegungen für die Dreigliederung interessiert ist erstaunlich genug. Dass er dies in einem Buch über die große Herausforderung der Globalisierung tut, macht jeden Leser doppelt gespannt.

Nicanor Perlas ist in den Philippinen ein weithin bekannter Mann, ein Weiser, ein Denkmal fast. Klar hat er erkannt, dass das, was ihn sein Leben lang - jahrzehntelang unter der Marcos-Diktatur - beschäftigt hat, eben die Bürgerbewegungen, jetzt auf einmal zum wichtigsten Gegengewicht für das internationale Kapital geworden ist. Perlas hat auch seinen Adam Smith gelesen, den Urahnen der modernen Ökonomie, auf den sich der Kapitalismus so gerne beruft. Und er weiß, dass Adam Smith lange vor dem Erscheinen des Wohlstands der Nationen die Theorie der moralischen Empfindungen publiziert hat. Die Moral ist unverzichtbare Voraussetzung für ein segensreiches Wirken des Marktes. Und der Markt selbst stellt sie nicht her.

Wenn der Staat und die demokratischen Mehrheiten ihren Einfluss im wesentlichen auf nationaler Ebene ausüben können, der Markt aber international operiert, dann besteht die akute Gefahr, dass sich die Marktkräfte gegen die Demokratie, gegen die Umwelt, gegen die soziale Gerechtigkeit durchsetzen. Das ist das allgegenwärtige Globalisierungsdilemma. Es will ja keiner zurück in die ebenso kuschelige wie diktaturanfällige Nationalstaats-Situation. Aber deswegen die Vorteile der demokratischen Kontrolle des Marktes aufgeben, will auch keiner.

Nicanor Perlas formuliert eine Dreigliederung für das Sozialgefüge: Staat, Kultur und Wirtschaft. Seine besondere Note ist die der Kultur. Damit meint er nicht Konzerte und Theater. Er entwirft - im Anschluss an den Anthropologen Paul Ray - eine Haltung der kulturell Kreativen, derer, die die Vielfalt kennen, schätzen und gegen die ökonomisierte Monotonie verteidigen. Sie stehen den Materialisten, Modernisten und ökonomischen Elite-Globalisierern gegenüber. Da ist viel Esoterisches dabei. Das braucht man aber nicht zu unterschreiben, wenn man die politische Kraft bewundert, die von den kulturell und post-materialistisch geprägten Zivilgesellschaftsgruppen ausgeht und die den Konzernen das Fürchten lehrt.

Nicanor Perlas ist ein wunderbares Symbol dafür, dass wir im Norden etwas von den weisen Menschen im Süden lernen können.